122723 OTT Christoph Schubert

Im Rahmen einer Serie „Im Gespräch mit …“ wird NHL.com/de während der Saison exklusive Interviews mit ehemaligen NHL-Spielern aus dem DACH-Raum führen.

In der heutigen Ausgabe: Christoph Schubert (in der NHL aktiv von 2005-2010)

Christoph Schubert hat in der NHL einiges erlebt. Er absolvierte 325 Spiele für die Ottawa Senators und die Atlanta Thrashers. 2007 stand er sogar im Finale um den Stanley Cup. Doch der gebürtige Münchner musste sich lange gedulden, ehe er in der besten Liga der Welt erstmals das Eis betreten durfte. Heute ist der 41-Jährige als Trainer aktiv. Im Interview mit NHL.com/de erzählt Schubert seine Geschichte.

Herr Schubert, können Sie sich noch daran erinnern, wie der Traum von der NHL für Sie entstand?

Den Traum hatte ich immer. Aber mein Ziel war vor allem, dass ich Profi-Eishockeyspieler werden wollte. Mit 17 Jahren habe ich in der Oberliga gespielt, mit 18 für die München Barons in der DEL, danach ging es in die Nationalmannschaft – und so hat sich der Traum immer weiterentwickelt. Im Jahr 2001 wurde ich dann von den Ottawa Senators in der 4. Runde gedraftet. Wobei mir damals noch gar nicht richtig klar war, was das überhaupt bedeutet. Aber eine Woche später bekam ich ein Fax, dass ich in das Development Camp eingeladen bin. Dann bin ich rüber geflogen, ohne wirklich zu wissen, was mich dort erwartet.

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Sie haben zunächst drei Jahre in der AHL für die Binghamton Senators gespielt. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Die ersten zwei Jahre waren brutal hart für mich. Ich fand mich überhaupt nicht zurecht und hatte Probleme mit dem Spiel und allem drumherum. Ich hatte mir selbst zu viel Druck gemacht. Ich war frustriert und kann mich noch gut erinnern, wie ich nach zwei Jahren mit meinem Vater lange über meine damalige Situation gesprochen hatte. Aber dann sagte ich mir: Komm, ich gehe jetzt noch einmal rüber und habe einfach meinen Spaß. Plötzlich hat vieles funktioniert. Ich bekam mit die meiste Eiszeit und wurde zum besten Verteidiger gewählt. Das war das Jahr, in dem ich dort richtig angekommen war.

Dennoch kehrten Sie danach zunächst nach Deutschland zurück und hatten bereits einen Vertrag bei den Adler Mannheim unterschrieben, bevor Sie doch noch einmal nach Kanada gingen sind. Wie kam es dazu?

Genau, ich hatte bereits in Mannheim unterschrieben, ehe sich dann die Ottawa Senators noch einmal meldeten und sagten, sie würden mir gerne noch eine Chance geben. Eigentlich hatte ich keine Ausstiegsklausel im Vertrag. Ich bin sehr dankbar, dass mir der damalige Trainer Stephane Richer dennoch die Freigabe erteilte.

Sie haben Ihre Chance bei den Senators genutzt, spielten dort von 2005 bis 2009 und standen sogar im Finale um den Stanley Cup. Welche Erinnerungen daran sind geblieben?

Das war eine überragende Zeit, einfach gigantisch. Sportlich ist das die schönste Zeit meines Lebens gewesen. In Ottawa gibt es wirklich nur Eishockey. Die Fans haben uns immer unterstützt. Man wird überall erkannt, wo man sich blicken lässt – ob beim Bäcker oder an der Tankstelle. Aber die Menschen waren immer sehr nett. Auch privat habe ich mich dort sehr wohlgefühlt. Ottawa ist eine sehr familiäre Stadt.

Das Highlight dürfte das Finale um den Stanley Cup im Jahre 2007 gewesen sein, als Sie mit 1:4 gegen die Anaheim Ducks unterlagen. Wie haben Sie das erlebt?

Wir hatten das Eastern Conference Finale mit 4:1 gegen die Buffalo Sabres gewonnen und deutlich länger Pause, ehe die Ducks sich ebenfalls für das Finale qualifiziert hatten. Das waren neun spielfreie Tage, die uns irgendwie aus dem Rhythmus gebracht haben.

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2009 endete Ihre Zeit bei den Ottawa Senators. Was war der Grund dafür?

Mit Cory Clouston kam ein neuer Trainer, der mich irgendwie nicht so stark gesehen hat wie seine Vorgänger. Ich hatte damals ein sehr gutes Verhältnis zum General Manager Bryan Murray, der mit mir ganz offen darüber sprach. Das war eine tolle Geste von ihm. Ich wurde dann auf die Waiver-Liste gesetzt. Dadurch bin ich damals bei den Atlanta Thrashers gelandet. Dort bekam ich dann ebenfalls meine Spielzeit, hatte aber leider zwei schwere Verletzungen. Dadurch verpasste ich auch die Olympischen Winterspiele. Leider ist das mein letztes Vertragsjahr in der NHL gewesen. Es gab zwar noch interessierte Teams, aber die wollten mir keinen richtigen Vertrag anbieten, sondern mich nur für ein Tryout einladen. Davon war ich enttäuscht, denn ich hatte immerhin fünf Jahre in der NHL gespielt. 

Zu dieser Zeit bekam ich ein Angebot aus Göteborg. Ich wusste, dass in Schweden regelmäßig NHL-Scouts vor Ort sind. Ich habe das als Chance gesehen, um mich noch einmal für einen Vertrag in der NHL zu empfehlen. Aber das hat nicht geklappt. 

Sie sind anschließend nach Deutschland zurückgekehrt und spielten von 2010 bis 2016 in der DEL für die Hamburg Freezers, bis der Eigentümer, die Anschutz Entertainment Group, das Team relativ überraschend auflöste. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Zunächst einmal muss ich sagen, dass die Zeit in Hamburg überragend gewesen ist. Daher war es so unfassbar schade, dass das abgebrochen wurde. Eine richtige Erklärung dafür habe ich heute noch immer nicht. Hamburg war ein toller Standort mit einer tollen Arena und einem Zuschauerschnitt von über 9000. Ich verstehe nicht, dass dieser Standort nicht gehalten wurde. Aber irgendwann muss man dieses Thema abhaken. 

Ihre letzte Station als aktiver Spieler waren die Crocodiles Hamburg in der Oberliga, für die Sie zwei Jahre lang gespielt haben und bei denen Sie zudem im Management aktiv waren. Die Hoffnung war, dass die Crocodiles den Eishockey-Standort Hamburg retten würden. Warum hat das nicht so richtig funktioniert?

Ich glaube, wir haben es schon geschafft, den Sport in Hamburg am Leben zu halten. Es gab viele Fans der Freezers, die zu den Crocodiles gegangen sind. Es hatte andere Gründe, dass ich nach zwei Jahren weggegangen bin. Innerhalb des Vereins wurden Entscheidungen getroffen, mit denen ich nicht ganz einverstanden war. Und wir sehen ja, was danach passiert ist.

Sie konzentrieren sich seitdem auf Ihre Karriere als Trainer. Sie waren Co-Trainer bei der U20-Nationalmannschaft und bei den Heilbronner Falken in der DEL2, ehe Sie im September hauptverantwortlicher Trainer bei den Füchsen Duisburg in der Oberliga Nord wurden. Ist das nun Ihre neue Berufung?

Ja, ich habe viel zu viel Liebe und Leidenschaft für den Sport, als dass ich etwas Anderes machen könnte. Ich gebe gerne meine Erfahrungen an die Spieler weiter. Ich liebe es, jeden Tag aufs Eis zu gehen. Ich brauche den Kabinen- und Eishallen-Geruch. Ich habe auch Freude daran, mich mit den Fans zusammenzusetzen und mit ihnen über das Spiel zu sprechen. Grundsätzlich ist die Oberliga in Deutschland mittlerweile sehr professionell. 90 Prozent aller Spieler sind Profis. Auf unsere Mannschaft trifft das allerdings nicht ganz zu. Mehr als die Hälfte meiner Jungs haben einen Beruf, einer arbeitet sogar acht Stunden auf dem Bau, ehe er zum Training kommt. Die Jungs geben alles, aber es ist schwierig, Sport und Beruf miteinander zu verbinden.

Was sind Ihre Ziele als Trainer?

Ich möchte mich in Duisburg als Trainer weiterentwickeln. Es ist das erste Mal, dass ich als Cheftrainer arbeite. Das macht mir großen Spaß. Und ich bin ganz ehrlich: Genauso wie früher als Spieler, habe ich jetzt auch als Trainer meine Träume. Mein Ziel ist es, irgendwann in der DEL zu arbeiten.

Vielleicht sogar in der NHL?

Warum nicht? Marco (Sturm – d. Red.) ist ja auch drüben. Träume darf man haben. Mal sehen, wo mich die Zukunft hinführt. Ich habe noch immer Kontakte nach Ottawa, fliege ab und zu rüber, gehe in die Arena und besuche meine alten Bekannten. Ich bin ja Bestandteil der Alumni-Mannschaft. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Die Verantwortlichen der Senators wissen, was ich in Deutschland mache. Sie haben meine Telefonnummer und können mich jederzeit anrufen. Aber ich bin Realist und konzentriere mich momentan voll auf Duisburg, denn das macht mir großen Spaß.