Die Gründe für das Aus
Dass in Boston zeitnah ein Umbruch oder zumindest ein Umbau bevorstehen könnte, wird nicht erst seit dem Karriere-Ende von Patrice Bergeron nach der Saison 2022/23 spekuliert. Trotzdem schaffte es der Traditionsklub im Folgejahr noch einmal souverän in die Playoffs. Lange lebten die Bruins von ihrer Siegermentalität und Kultur in der Kabine, die die eine oder andere auftretende Schwäche auffangen konnte.
Dass vor der laufenden Spielzeit 2024/25 auch noch langjährige Stützen wie Torwart Linus Ullmark (Ottawa Senators), Verteidiger Matt Grzelcyk (Pittsburgh Penguins) oder Stürmer Jake DeBrusk (Vancouver Canucks) abgegeben wurden, erwies sich als schwere Hypothek. Lange war Boston bei der Jagd nach den Playoff-Plätzen voll dabei, zählte bis zum Jahreswechsel sogar zu den 13 besten NHL-Teams (20-15-4), danach aber wuchsen die Zweifel.
Im Januar (5-7-2) wurden nur fünf von 14, im Februar (2-3-2) nur zwei von sieben Partien gewonnen. Vom 1. Januar bis zur Trade-Deadline am 7. März sammelte Boston nur 20 von 50 möglichen Punkte (8-13-4), nur die Pittsburgh Penguins (7-14-5, 19 Punkte) und San Jose Sharks (6-15-3, 15 Punkte) punkteten in diesem Abschnitt noch weniger. Bei den Verantwortlichen wuchsen die Zweifel an der Playoff-Tauglichkeit der Mannschaft. Das Ergebnis: Mit Charlie Coyle (Colorado Avalanche), Brandon Carlo (Toronto Maple Leafs), Trent Frederic (Edmonton Oilers) und sogar Kapitän Brad Marchand (Florida Panthers) wurden weitere Leistungsträger abgegeben.
Mit dramatischen Folgen: Seit der Trade Deadline schalteten die Bruins in den Tanking-Modus und verloren zehn von 13 Spielen (3-9-1), darunter eine Niederlagen-Serie von zehn Partien.
Bostons Hauptproblem ist eine schwächelnde Offensive, die im Schnitt nur 2,62 Tore/Spiel (29.) erzielte, 26,5 Torschüsse/Spiel abgab (29.) und ein harmloses Powerplay mit 15,1 Prozent Erfolgsquote (29.) hatte. Die Bruins erhielten zudem kaum offensive Unterstützung von ihren Bluelinern und haben jeweils die zweitwenigsten Verteidiger-Tore (23) und -Punkte (119) in der gesamten NHL. Hinter Scharfschütze David Pastrnak (40-54-94) klafft eine enorme Scoring-Lücke: Der nächstbeste Scorer, Morgan Geekie (28-22-50), hat sage und schreibe 44 Punkte weniger gesammelt. Beide sind die einzigen Akteure, die die Marken von sowohl 20 Toren als auch 50 Punkten knacken konnten. Es fehlt also auch ganz klar an Tiefe und Secondary Scoring. Der vielversprechendste Neuzugang, Casey Mittelstadt (Colorado Avalanche), floppte bislang (13 Spiele, 2-2-4, -13).
Hinzu kommt, dass die Defensive, die über Jahre das Prunkstück und der Erfolgsgarant für erfolgreiches Bruins-Hockey war, nicht mehr wie gewohnt abriegelte. Durchschnittlich 3,27 Gegentore/Spiel (25.), ein Penalty Killing von 76,6 Prozent (23.) und 28,8 gegnerische Torschüsse/Spiel (T-21.) belegen das mit Zahlen. Erschwerend kam hinzu, dass die zwei wichtigsten Abwehrspieler, Charlie McAvoy (50 Spiele, 7-16-23) und Hampus Lindholm (17 Spiele, 3-4-7), Großteile der Saison verletzungsbedingt verpassten.