Stephane Richer

Stephane Richer ist der Sportdirektor der Eisbären Berlin, die in der vergangenen Saison die Deutsche Meisterschaft gewannen. Früher stand er selbst in der NHL und in der DEL auf dem Eis. Im Interview mit NHL.com/de spricht der 58-Jährige über die Meisterschaftsfavoriten, die DEL im internationalen Vergleich, Ex-Eisbären-Spieler Lukas Reichel, seine eigene Karriere und seine Lieblingsteams in der NHL.

Stephane, sind die Eisbären Berlin als Titelverteidiger der Top-Favorit auf die erneute Meisterschaft?

Wir sind der Meister der vergangenen Saison und zählen zu den Titelfavoriten. Aber die DEL ist in jedem Jahr sehr ausgeglichen. Man muss immer zwei Ziele haben: Erst einmal geht es darum, eine gute Hauptrunde zu spielen und in die Top 4 zu kommen, sodass wir das Heimrecht für die 1. Runde haben. Und wenn die Playoffs beginnen, wollen wir eine Meisterschaft holen. Aber dafür müssen viele Faktoren zusammenpassen – zum Beispiel, dass alle Spieler gesund bleiben.

Welche Mannschaften sind deiner Meinung die stärksten Konkurrenten in der DEL?

Wie immer die Adler Mannheim und der EHC Red Bull München, auch die Straubing Tigers haben sich im Sommer gut verstärkt und verfolgen hohe Ziele. Die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven zählen ebenso zum Favoritenkreis. Sie haben in der vergangenen Saison die Hauptrunde gewonnen und im Finale sehr gut gegen uns gespielt. Es gibt aber in jedem Jahr eine Überraschungsmannschaft. Das erwarte ich auch in dieser Saison. Es wird sehr eng.

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Am heutigen Dienstag treffen die Eisbären in der Champions Hockey League auf den HC Fribourg-Gottéron. Welchen Stellenwert hat die CHL Deiner Ansicht nach?

Einen sehr hohen Stellenwert. Es ist unser drittes Ziel, dass wir in der Champions Hockey League die nächste Runde erreichen. Wir wollen in die Top 16 kommen. Wir haben einen guten Start gehabt und drei der ersten vier Spiele gewonnen. Das ist eine sehr gute Liga, um zu sehen, wo man in Europa steht.

Das ist ein guter Punkt. Wie schätzt du die DEL im Vergleich zu den anderen europäischen Top-Ligen ein?

Ich denke, dass man an Straubing, Bremerhaven und uns momentan sieht, dass es keinen großen Unterschied gibt. Wir haben gegen tschechische Mannschaften gewonnen, Straubing und Bremerhaven gegen Mannschaften aus der Schweiz. Ich glaube, die DEL gehört zu den Top-Ligen in Europa.

Gibt es dennoch Ligen in Europa, die du stärker einschätzt als die DEL?

Es gibt natürlich die KHL, aber die gehört nicht zu Europa. Schweden hat eine sehr gute Liga. Aber wir haben auch schon gegen schwedische Teams sehr gut gespielt. Die tschechische Liga ist ebenfalls sehr gut geworden. Aber der Unterschied ist nicht mehr so groß. Es gibt vielleicht Ligen, in denen mehr Geld ausgegeben wird. Aber das heißt nicht, dass dort besseres Eishockey gespielt wird.

Die Eisbären Berlin haben über die Jahre viele Top-Spieler hervorgebracht. Lukas Reichel, der heute bei den Chicago Blackhawks unter Vertrag steht, wurde unter anderem bei den Eisbären ausgebildet und spielte zwei Jahre in der DEL. Was hat ihn ausgezeichnet?

Seine Schnelligkeit und sein Spielverständnis. Er war sehr jung, als er bei uns in der DEL spielte – 16 oder 17 Jahre alt. Und er spielte gegen Männer, die bereits seit zehn Jahren Profis waren. Für junge Spieler ist die DEL eine sehr harte Liga. Aber trotzdem hat man sein Talent und seinen Eishockey-IQ gesehen. Sein größter Vorteil ist allerdings sein Speed, denn er ist ein sehr guter Schlittschuhläufer.

Sprechen wir noch einmal über deine Geschichte: Du hast in Deiner aktiven Zeit 27 NHL-Spiele für die Boston Bruins, Florida Panthers und Tampa Bay Lightning absolviert. Wie blickst du auf Deine Zeit in der NHL zurück?

Ich habe gute Erinnerungen an meine Karriere in Nordamerika. Aber auch meine Zeit in Deutschland war und ist noch immer sehr schön. Ich hatte tolle Jahre in Mannheim, wo ich vier Meisterschaften gewonnen habe. Meine beste Zeit hatte ich daher hier in Deutschland.

Stepane Richer

Was war die größte Herausforderung, als du nach Deutschland kamst?

Die Sprache (lacht). Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich in ein Land kam und nichts verstand. Wir waren damals in Mannheim nur drei Ausländer. Es war anders als heute. Aber ich habe die Sprache schnell gelernt. Hinzu kommt natürlich die Umstellung auf die größere Eisfläche in Europa. Aber die Sprache war das größere Problem.

War es eine schwierige Entscheidung, Nordamerika und somit die NHL zu verlassen?

Ja und nein. Einerseits ja, weil ich in der NHL gespielt habe. Als Eishockeyspieler ist die NHL immer das große Ziel. Andererseits hatte ich bereits eine Familie mit zwei Kindern. Ich glaube, für mich und die Familie war es die beste Entscheidung, nach Deutschland zu kommen. Auch heute fällt es vielen Nordamerikanern zunächst schwer, nach Europa zu gehen. Aber wenn sie dann hier sind, sehen sie, wie gut die Liga ist und wie hoch die Lebensqualität ist. Viele sind froh, nach Deutschland gekommen zu sein.

Nach deiner aktiven Zeit warst du unter anderem Trainer und Sportdirektor bei den Hamburg Freezers in der DEL, ehe dieses Team 2016 eingestampft wurde und alle Mitarbeiter plötzlich arbeitslos waren. War dies der schwerste Moment deiner Karriere?

Ja, würde ich schon sagen. Ich war lange in Hamburg und habe dort etwas aufgebaut. Daher war das sehr hart. Aber glücklicherweise bekam ich später die Chance, zu den Eisbären Berlin zu gehen. Ich bin sehr glücklich hier.

Ehe du zu den Eisbären Berlin kamst, bist du unter anderem Europa-Scout für die Los Angeles Kings gewesen. Wie sah damals dein Aufgabenfeld aus?

Ich war viel in Europa unterwegs, habe mir viele Spiele und Turniere angeschaut und nach guten Talenten Ausschau gehalten. Letztendlich waren es nur vier Monate, in denen ich als Scout tätig war. Danach kam ich zu den Eisbären. Aber ich bin viel mit Christian Ruuttu unterwegs gewesen, der bei den Los Angeles Kings der Chefscout für Europa ist. In dieser Zeit habe ich noch besser gelernt, Talente zu scouten. Das kommt mir in meiner heutigen Position zugute.

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Wie sehr verfolgst du heute noch die NHL? Hast du vielleicht ein Lieblingsteam?

Natürlich die L.A. Kings (lacht). Schließlich ist das unser Besitzer und wir sind viel im Austausch. Ich rede jede Woche mit den Kings, daher verfolge ich diese Mannschaft sehr. Aber als Frankokanadier bin ich seit der Kindheit auch ein Fan der Montreal Canadiens.

Und wer gewinnt in dieser Saison eher den Stanley Cup: die Kings oder die Canadiens?

(lacht) Ich würde sagen, die L.A. Kings. Aber es wird schwer. Die NHL ist sehr ausgeglichen. Es ist schon sehr schwierig, in die Playoffs zu kommen. Und dann haben alle Mannschaften, die die Playoffs erreichen, eine Chance auf den Stanley Cup.

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