New York Rangers v Philadelphia Flyers

In der Serie „Catching Up With…” spricht NHL.com/de regelmäßig mit ehemaligen NHL-Profis, die mittlerweile außerhalb von Nordamerika spielen oder sich vom aktiven Eishockey als Spieler zurückgezogen haben.

In dieser Ausgabe: Michael Raffl (EC Red Bull Salzburg)

Michael Raffl blickt auf eine lange NHL-Karriere zurück. Der Österreicher spielte von 2013 bis 2021 für die Philadelphia Flyers, ehe er per Trade bei den Washington Capitals landete. Seine letzte NHL-Spielzeit verbrachte er 2021/22 bei den Dallas Stars. Nach 590 Saisonspielen in der NHL (89 Tore, 90 Assists) und 39 Partien in den Stanley Cup Playoffs (7 Tore, 4 Assists) kehrte er nach Europa zurück.

Zunächst spielte er drei Jahre in der Schweiz für den Lausanne HC, ehe er sich in diesem Jahr dem österreichischen Serien-Meister EC Red Bull Salzburg anschloss. Im Interview mit NHL.com/de spricht der 36-Jährige über seine Karriere, seine Ex-Teams und über die Österreicher in der NHL.

Hallo Michael, wie gut hast Du Dich in Österreich wieder eingelebt?

Gut. Salzburg ist wunderschön, super Organisation, und wir als Familie fühlen uns sehr wohl.

Und Du spielst mit Deinem Bruder Thomas Raffl zusammen…

Ja, das war ein großer Grund, warum wir hierhergekommen sind. Das war schon ein Traum von uns beiden, dass wir noch einmal zusammenspielen können.

Wie bewertest Du den bisherigen Saisonverlauf?

Wir sind mit dabei, auch wenn wir noch nicht ganz vorne stehen. Insgesamt haben wir, glaube ich, eine sehr gute Mannschaft, die mit hohen Ambitionen in die Saison geht und große Ziele verfolgt.

Lausanne HC v SCL Tigers - National League

Das Ziel ist die Meisterschaft?

Ja, wir haben jetzt viermal hintereinander gewonnen und wissen, wie es funktioniert. Natürlich ist der große Traum, wieder zu gewinnen.

Wie ist das Niveau in Österreich zu bewerten, wenn man vorher in der NHL und in der Schweiz gespielt hat?

Das ist schwierig zu beantworten, aber die Liga ist ausgeglichen. Das Niveau ist sicher nicht schlecht. Ich denke aber, dass die Schweiz eine der besten Ligen in Europa ist. Die Stadien sind größer, es ist ein ganz anderes Kapital bei den Klubs vorhanden. Das merkt man auch bei Weltmeisterschaften. Die Schweiz spielt seit Jahren immer um den Titel mit und hat hervorragende ausländische Spieler.

Werfen wir einen Blick zurück auf Deine Geschichte: War es immer ein Ziel für Dich, in der NHL zu spielen?

Ich bin ja nie gedraftet worden. Man steckt sich kleinere Ziele vor dem großen Ziel NHL. Ich wollte immer ins Ausland – und dann hat sich das irgendwie so entwickelt.

Du hast Dich mit guten Leistungen in Schweden bei Leksands IF für die NHL empfohlen, ehe Dich die Philadelphia Flyers verpflichtet haben. Kam das für Dich selbst überraschend?

Für mich war das perfekt. Warum solltest du es als junger Spieler nicht versuchen? Also gehst du rüber nach Amerika. Wenn es funktioniert, super, wenn nicht, kannst du immer heimkommen. Mit der Einstellung bin ich rüber, und dass es dann so gut aufgegangen ist, war natürlich umso schöner.

Worin lag für Dich die größte Herausforderung, als du nach Nordamerika gewechselt bist?

Gute Frage, das ist schon lange her, aber kulturell war es natürlich anders. Zum Glück war Michael Grabner drüben, der mich schon eineinhalb Monate vor Saisonbeginn mitgenommen hat. Ich konnte bei ihm wohnen, wir haben gemeinsam trainiert – das hat mir geholfen, mich dort einzufinden.

In vier der sieben vollen Spielzeiten, Die Du in Philadelphia verbracht hast, habt ihr die Playoffs erreicht. Allerdings habt ihr nur einmal den Sprung in die zweite Runde geschafft. Wie siehst Du rückblickend die Zeit in Philadelphia?

Das war eine unglaubliche Zeit. Wir hatten eine enge Mannschaft, viele gute Freunde. Einige Freundschaften bestehen bis heute. Philly ist ein spezieller Ort, und ich hoffe, dass sie dort jetzt wieder etwas Gutes aufbauen.

Sport-Fans in Philadelphia gelten als besonders leidenschaftlich…

Die Leute dort lieben einfach Sport. Die Flyers sind riesig in Philadelphia, genauso wie die anderen Sport-Teams in der Stadt auch. Wenn du gut spielst, sind die Fans voll da, und wenn nicht, lassen sie dich das auch wissen.

Wie war es für Dich, nach so vielen Jahren im April 2021 kurz vor der Trade Deadline zu den Washington Capitals transferiert zu werden?

Einen Trade muss man mal erlebt haben, das ist ein sehr eigenes Gefühl. Natürlich rechnest du irgendwann damit, dass es zu Ende geht – und dann passiert’s eben. Im Nachhinein war das aber eine wichtige und coole Erfahrung, auch für meine Familie. Ich hatte damals bereits zwei Kinder. Dieses Ereignis hat uns als Familie stärker gemacht.

Lausanne HC v EHC Kloten - National League

Wie hast Du von dem Trade erfahren?

Der Trainer hat mich angerufen, aber im Grunde verfolgt man das live im Fernsehen zur Trade Deadline und wartet, ob der eigene Name auftaucht. Ich dachte schon, es passiert nichts – und zehn Minuten später war es dann so weit.

In Washington warst Du Mitspieler von Alex Ovechkin, der mittlerweile der erfolgreichste Torschütze der NHL-Geschichte ist. Wie hast Du ihn als Mitspieler wahrgenommen?

Rückblickend war das richtig cool. Was er erreicht hat, ist beeindruckend. Zu sagen, dass man einmal mit ihm im selben Team war, ist schon besonders. Washington hatte überhaupt eine super Truppe. Es überrascht mich nicht, dass die Capitals jedes Jahr so gut sind. Man hat gespürt, dass es dort in der Mannschaft stimmt.

Nach der Zwischenstation in Washington bist Du als Free Agent bei den Dallas Stars gelandet. Wie blickst Du auf das Jahr in Texas zurück?

Dallas war eine unglaubliche Zeit, eine der schönsten Jahre in der NHL. Ich hatte dort viele erfahrene Mitspieler, von denen man viel lernen konnte. Und Texas ist nochmal etwas ganz anderes – tolles Wetter, viele Kulturen. Das war spannend zu erleben. Ich hatte überhaupt das Glück, in der NHL für tolle Mannschaften gespielt zu haben.

Du hast bei den Stars 76 Spiele in der regulären Saison absolviert und die sieben Spiele in den Playoffs. Warum war das Kapitel NHL danach abgeschlossen?

Ich hatte einfach das Gefühl, dass die Zeit gekommen ist. Ich wollte von mir aus in die Schweiz gehen, um wieder eine größere Rolle zu haben und mehr zu spielen.

Du hättest also in der NHL bleiben können?

Ja. Es gab Optionen, dort zu bleiben. Dallas war die Hauptoption.

Die NHL-Saison hat kürzlich begonnen. Wie sehr verfolgst Du noch das sportliche Geschehen in Nordamerika?

Mich interessiert Eishockey generell sehr, besonders die NHL. Viele Freunde und frühere Teamkollegen spielen ja noch dort. Wenn ein Spiel zur richtigen Zeit läuft, schaue ich rein, sonst sehe ich mir die Highlights oder Spiele meiner alten Kollegen am nächsten Tag an.

Mit welchem Team fieberst du am meisten mit – den Flyers, Capitals oder Stars?

Wahrscheinlich am meisten mit Philadelphia und Dallas.

Wie schätzt Du die Ambitionen Deiner ehemaligen Teams ein?

Dallas war ja in den letzten Jahren stets ein Titelanwärter. Philly ist derzeit im Rebuild, aber sie machen das sehr geduldig und intelligent. Sie wollen sich etwas Längerfristiges aufbauen. Washington ist wieder gut in die Saison gestartet. Sie finden immer einen Weg, um als Mannschaft erfolgreich zu sein.

Lausanne HC v SCL Tigers - National League

Österreich hat mit Marco Rossi wieder einen absoluten Top-Spieler in der NHL. Auch Marco Kasper hat bei den Detroit Red Wings eine gute Entwicklung genommen. Wie nimmst Du diese beiden Spieler wahr?

Bei Kasper merkt man, dass er in den letzten Jahren große Schritte gemacht hat. Ich habe ja noch gegen seinen Vater gespielt. Zudem haben wir im Sommer zusammen trainiert. Ich verfolge seine Karriere genau. Er hat die Chance, einer der besten österreichischen Spieler aller Zeiten werden.

Und Marco Rossi?

Er hat jetzt einen großartigen Vertrag unterschrieben, den er sich verdient hat. Er spielt erste oder zweite Linie als Center in Minnesota – das ist absolut beeindruckend.

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