Die Washington Capitals sind auswärts derzeit nicht zu stoppen. Ohne ihren verletzten Top-Torjäger Alex Ovechkin, der mit einem Wadenbeinbruch noch einige Wochen ausfällt, fuhr die Mannschaft von Trainer Spencer Carbery den sechsten Erfolg auf fremdem Eis in Folge ein. Diesmal gelang dem Team aus der US-Hauptstadt ein 5:4 in der Amalie Arena am Mittwochabend (Ortszeit) bei den Tampa Bay Lightning. Und das, obwohl sie eins der kuriosesten Gegentore in der NHL-Geschichte hinnehmen mussten.

WSH@TBL: Wilson gibt den Capitals eine späte 5:4-Führung im Powerplay

Lindgrens schlimmer Fehler

Charlie Lindgren konnte am Ende doch lachen. Der Torwart der Capitals feierte mit seinem Team den nächsten Auswärtssieg. Der Keeper hatte am Ende 25 Paraden bei 28 Schüssen auf sein Tor in seiner Statistik stehen. Und er schoss sogar ein Tor. Doch freuen konnte er sich darüber nicht. Denn beim Versuch, die Scheibe mit der Rückhand für seinen Verteidiger hinter das eigene Tor zu spielen, schob er den Puck in die eigenen Maschen. „Das war nicht gerade witzig“, meinte er. Es sei wahrscheinlich der schlimmste Fehler auf dem Eis in seinem Leben gewesen. Der Treffer war in der 48. Minute gleichbedeutend mit dem zwischenzeitlichen 4:3 für die Gastgeber. Gutgeschrieben bekam den Treffer am Ende Brayden Point, der damit, ohne den Schuss abzugeben, einen Hattrick komplettierte.

„Ich hatte dann zwei Möglichkeiten: mich in ein Schneckenhaus zurückziehen oder kämpfen“, meinte Lindgren. Er entschied sich definitiv fürs Kämpfen, ließ danach keinen Schuss mehr durch und ermöglichte seinem Team so das Comeback. Am Ende sei es ein enorm wichtiger Sieg gewesen, der den Charakter der Mannschaft unter Beweis gestellt habe. „Wir sind eine fantastische Gruppe. Das fängt bei den Trainern an und geht über die Routiniers bis hin zu unseren Anführern. Jeder hat sich heute eingebracht“, sagte Lindgren.

Positiv aus des Trainers Sicht: Er habe gar nichts sagen müssen auf der Bank, sich jetzt extra für den Keeper ins Zeug zu legen. „Ich mag es, wenn so etwas aus dem Team heraus kommt. Die Jungs wissen genau, um was es geht. Sie schätzen Chucky sehr“, erzählte Carbery.

WSH@TBL: Point verbucht sein drittes Tor im Spiel durch Torhüter-Eigentor

Points früher Doppelpack

Vom sechsten Auswärtssieg in Folge waren die Capitals im ersten Drittel allerdings noch ein gutes Stück entfernt. Point sorgte mit zwei Treffern (4., 13.) dafür, dass die Capitals in der ersten Drittelpause etwas zum Nachdenken hatten. Zuerst sorgte er aus spitzem Winkel für die Führung. Diese baute er dann im Powerplay nach feinem Pass von Nikita Kucherov aus. Man habe nach dem ersten Drittel gemerkt, dass man den Sieg nicht geschenkt bekomme, meinte Capitals-Stürmer Tom Wilson. „Wir waren im ersten Drittel nicht gut. Wir wussten, dass wir etwas ändern mussten. In dieser Arena und gegen dieses Team ist es nie einfach.“ Im zweiten und dritten Drittel habe die Mannschaft dann viel besseres, clevereres Eishockey gespielt.

„Wir haben heute wirklich Charakter gezeigt“, lobte Carbery sein Team. Der Start sei hart gewesen. „Wir hatten Schwierigkeiten mit der Scheibenkontrolle. Aber es spricht für unser Team, dass die Jungs dann nicht einfach die Flinte ins Korn geworfen haben und gesagt haben: Das war’s.“ Die Mannschaft habe sich dafür entschieden, einen Weg zurück in die Partie zu finden. „Im zweiten Drittel haben wir dann zu unserem Spiel gefunden. Da haben wir das Momentum in unsere Richtung gedreht.“

Ja, spätestens ab dem zweiten Drittel war auch wohl den Fans der Tampa Bay Lightning klar, dass sich ihr Team an diesem Abend keinem einfachen Gegner gegenüber sah. Zunächst fälschte Andrew Mangiapane bei einer angezeigten Strafe für die Gastgeber einen Schuss von Lars Eller unhaltbar für Andrei Vasilevskiy (27 Saves) in die Maschen ab (31.). Kurz darauf gelang Aliaksei Protas in Unterzahl das zwischenzeitliche 2:2 (33.), weil Victor Hedman ihn nicht energisch genug angriff. Bis zur zweiten Drittelpause war die Welt in Florida aber wieder in Ordnung, weil Michael Eyssimont die Verwirrung vor und hinter dem Tor der Capitals ausnutzte und zum 3:2 für die Lightning traf (40.).

Capitals zeigen Nehmerqualitäten

Im Schlussabschnitt zeigten die Capitals dann wahre Nehmerqualitäten. Zuerst traf Dylan Strome zum 3:3 (42.). Und nach Lindgrens Missgeschick glich John Carlson aus (51.). „Manchmal läuft es einfach nicht. Dann ist es wichtig, dass man Spieler hat, die versuchen, dem Team etwas zu geben. Was die beiden in der Situation gezeigt haben, spricht für sich“, lobte Carbery die Führungsqualitäten von Strome und Carlson.

Wilson gelang in der 57. Minute in Überzahl dann der viel umjubelte Siegtreffer für die Gäste. „Das Spiel hatte ein bisschen von allem. Wenn solche Sachen passieren, findet man viel über die Teamkollegen und die Mannschaft heraus“, befand der Schütze des entscheidenden Treffers. Er könne nicht stolzer auf das Team und speziell auf den Keeper sein, meinte Wilson.

Keine Spur von Frust

„Wir lieben ihn“, sagte der Stürmer über den Torwart. Er sei einer derjenigen, die am härtesten arbeiteten im Team. „Er ist jetzt schon seit einer ganzen Weile unser Rückgrat. Und nach dem Eigentor hat er nichts mehr zugelassen. Wir wollten sicher gehen, dass wir ihm in dieser Situation helfen können“, sagte Wilson. Die Mannschaft sei nach seinem Fehler auch nicht in Panik geraten, meinte Lindgren. „Wenn wir nicht so ein gutes Team wären, wären wir mit Sicherheit frustriert gewesen.“

So aber war von Frust bei den Capitals nichts zu spüren. Im Gegenteil. Die Mannschaft hat mit 8-2-0 eine der besten Auswärtsbilanzen der Liga und bleibt mit 31 Zählern hinter den Carolina Hurricanes und den New Jersey Devils weiter Teil des Spitzentrios der Metropolitan Division. Mit dem Schwung aus den erfolgreichen Auswärtspartien sollte auch zu Hause nach zuletzt vier Niederlagen gegen Pittsburgh, Toronto, Colorado und die Devils wieder ein Sieg drin sein. Die nächste Möglichkeit dazu bietet sich bereits am Freitag (Ortszeit). Dann empfangen die Capitals die New York Islanders.

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