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Die Vancouver Canucks befinden sich weiter auf dem Höhenflug und zementieren mit zunehmender Dauer der Saison, dass mit ihnen zu rechnen sein wird, wenn es in ein paar Wochen in den Playoffs um die Wurst geht. Am Montagabend (Ortszeit) bezwangen die Canucks in der heimischen Rogers Arena die vom Verletzungspech gebeutelten Chicago Blackhawks, die unter anderem auf Connor Bedard (Kieferbruch) verzichten mussten, 2:0. Einen entscheidenden Anteil an dem Erfolg hatte dabei der Schweizer Pius Suter, der sich außerdem noch über einen ganz besonderen Meilenstein freuen durfte.

Spezielle Fähigkeiten

Im Allgemeinen neigt man dazu, den Wert von Stürmern an Toren und Vorlagen abzulesen. Doch das kann oft in die Irre führen. Denn der Wert eines Spielers lässt sich nicht immer an seinen Scoringstatistiken fest machen. Suter ist so ein Beispiel. Mit aktuell neun Treffern rangiert er teamintern im Mittelfeld der Torjägerliste. Und wenn nichts Außergewöhnliches passiert, wird er Brock Boeser (27) oder Elias Pettersson (25) auch nicht mehr einholen in dieser Spielzeit. Aber das ist auch gar nicht seine Aufgabe.

Trainer Rick Tocchet weiß ihn seinen Fähigkeiten entsprechend einzusetzen. Zum Beispiel in Unterzahl. Da bekommt Suter regelmäßig pro Spiel anderthalb Minuten Eiszeit bei den Canucks. Es ist somit auch sein Verdienst, dass das Unterzahlspiel in den letzten neun Spielen, in denen die Canucks immer gepunktet haben (8-0-1), bei 30 Situationen nur drei Tore zugelassen hat. Auf der anderen Seite versteht es Suter, Strafzeiten zu ziehen und seinem Team somit Überzahlsituationen zu verschaffen. 1,3 Strafzeiten zieht er pro 60 Minuten. Damit ist er in dieser Statistik Spitze bei den Canucks.

Freude nach 107 Sekunden

Doch Suter, der nie gedraftet wurde, sondern von den Chicago Blackhawks im Juli 2020 als Free Agent verpflichtet wurde, wäre wiederum kein richtiger Stürmer, wenn er nicht doch nach Toren streben und sich darüber freuen würde, wenn er den gegnerischen Torwart überwindet. So wie zum Beispiel gegen Chicago. Da lief er nach 107 Sekunden freudestrahlend in Richtung von Andrei Kuzmenko, wohl wissend, bei wem er sich für seinen neunten Saisontreffer zu bedanken hatte. Denn der Russe hatte mit einem genialen Rückhandpass aus der Drehung den freien Suter bedient, der im Anschluss keine Mühe hatte, Petr Mrazek im Tor der Gäste zur frühen Führung zu überwinden.

„Ich denke, wir können noch besser spielen. Aber man muss sich durch solche Spiele durchkämpfen“, meinte Suter nach der Schlusssirene. Die Sturmreihe mit ihm, Kuzmenko und Ilya Mikheyev habe durch die gute Leistung gegen Chicago viel Selbstvertrauen gewonnen. „Der Pass von Kuzmenko war unglaublich“, lobte er seinen Teamkollegen. Das Zusammenspiel klappe immer besser. Das konnte der Coach nur bestätigen und gab als Ursache dafür das intensive Videostudium an, das die Reihe in den vergangenen Tagen betrieben habe. „Das hat sich für sie bezahlt gemacht“, sagte Tocchet. Als Vertrauensbeweis gab der Trainer dem Trio auch Eiszeit in der Schlussphase, als es darum ging, den Sieg über die Zeit zu bringen. Das erste Drittel sei eigentlich ganz gut gewesen. Mit der Leistung danach war Tocchet nicht mehr ganz zufrieden: „Es war nicht unbedingt ein schönes Spiel. Aber am Ende haben wir die zwei Punkte geholt. Solche Spiele gibt es eben manchmal.“

Die Freude beim Schweizer Suter wird umso größer gewesen sein, da er einerseits damit zum ersten Mal seit neun Spielen mal wieder getroffen hatte. Andererseits wird er sich diesen Puck als Andenken gesichert haben. Denn der Treffer bedeutete seinen 100. Scorerpunkt in seiner NHL-Karriere, die am 13. Januar 2021 mit dem Auftritt gegen die Tampa Bay Lightning begann. Auch beim zweiten Tor der Gastgeber – Quinn Hughes überwand Mrazek aus spitzem Winkel (7.) – stand er auf dem Eis, weshalb er die Partie mit einer Plus/Minus-Statistik von plus zwei beendete und hier auf die Saison gerechnet jetzt bei plus zwölf steht. Sogar sein 101. Scorerpunkt wäre im weiteren Verlauf durchaus für ihn möglich gewesen. Doch da hatte Mrazek das bessere Ende für sich.

Starke Keeper

Generell boten beide Keeper eine sehr gute Leistung und zum Teil spektakuläre Paraden. Mrazek hielt danach seinen Kasten sauber, entschärfte unter anderem die Versuche von Pettersson, Sam Lafferty, Dakota Joshua und Tyler Myers. Am Ende hatte der Tscheche 27 Saves auf dem Konto. Die Gäste, bei denen der Schweizer Philipp Kurashev 19:15 Minuten Eiszeit (fünf Torschüsse) bekam, versteckten sich jedoch nicht. Auch Thatcher Demko im Kasten der Canucks musste all sein Können aufbieten – zum Beispiel gegen Joey Anderson, Seth Jones, Nick Foligno und vor allem Taylor Raddysh. Doch Demko hielt alle 31 Schüsse, die auf ihn abgefeuert wurden und kam zu seinem fünften Shutout in dieser Saison, womit er mit Connor Ingram (Arizona Coyotes) und Tristan Jarry (Pittsburgh Penguins) an der Spitze dieser Statistik für die Saison gleichzog.

Tocchet bekannte, dass er Shutouts liebe. „Ich gewinne lieber jedes Mal 2:0 statt 8:4.“ Selbstverständlich sei ein Shutout eine Teamleistung. Aber sowohl er als auch Suter und Hughes lobten Demko in den höchsten Tönen. „Es freut mich für ihn. Er gehört schon seit einiger Zeit zu den besten Torhütern in der Liga. Aber irgendwie hat er dafür nicht die Anerkennung bekommen, die er eigentlich verdient gehabt hätte“, sagte Hughes.

Die Vancouver Canucks haben mit diesem Sieg ihre Position an der Spitze der Pacific Division weiter gefestigt. 68 Zähler haben sie nun auf dem Konto, acht mehr als Verfolger Vegas Golden Knights. Vor dem All-Star-Wochenende haben die Canucks noch zwei Heimspiele gegen die St. Louis Blues und die Columbus Blue Jackets. Die Serie von Spielen mit wenigstens einem Punkt könnte da gut fortgesetzt werden. Und womöglich muss Suter nicht noch mal neun Partien warten, ehe er wieder trifft.