Wie intensiv verfolgst du das Geschehen in der NHL?
Sehr intensiv! Meine Frau wird bestätigen können, dass ich nur Eishockey im Kopf habe, egal ob NHL, AHL oder ECHL. Für mich geht es immer darum, etwas Neues dazuzulernen und so viele Informationen wie möglich zu sammeln, um bessere Antworten auf eigene Probleme zu haben. Ich muss auch zugeben, dass ich die NHL zu intensiv verfolge, weil ich nun mal ein riesiger Eishockey-Fan bin. Die NHL ist für mich an einem Punkt, an dem sie unfassbar attraktiv ist, was die Fähigkeiten der Spieler angeht. Es macht Spaß, zuzuschauen. Insbesondere bei Spielern wie Connor McDavid, Auston Matthews oder Nikita Kucherov, die Sachen machen, die ich seit 25 Jahren nicht gesehen habe. Dazu kommen Spieler wie Sidney Crosby oder Alex Ovechkin, die auch in ihrem Alter noch zeigen, wozu sie im Stande sind. Das alles macht unglaublich viel Spaß!
Du selbst wurdest im Jahr 1992 in der 3. Runde an 53. Stelle von den Washington Capitals gedraftet. Wie hast du den NHL Draft damals erlebt?
Ich war in Kaufbeuren in unserem Stadtlokal „Stadtschreiber“ und hatte keine Ahnung, dass der Draft überhaupt stattfindet. Ich war also mit meinen Kumpels unterwegs und wurde dann von meinem Vater angerufen. Er hat gesagt, dass sich die Washington Capitals gemeldet haben, ich von ihnen gedraftet wurde und dorthin fliegen sollte.
Du hast einmal gesagt, dass du deine Zeit in der NHL nie wirklich genießen konntest, warum?
Weil ich mich nie wohlgefühlt habe. Das ist eine lange Erklärung. Ich komme aus Kaufbeuren, bin also in einer Kleinstadt aufgewachsen, in der Eishockey das A und O war. Ich habe dort den Nachwuchs durchlaufen, irgendwann mit 17 Jahren in der Bundesliga gespielt und bin dann gedraftet worden. Alles ist ruck zuck passiert. In meiner ersten Saison in Nordamerika gab es den Lockout, was für mich bedeutet hat, dass ich zu den Portland Pirates in die AHL gegangen bin. Dort hatte ich meine 25 Teamkollegen. In der NHL hat sich plötzlich jeder um sich selbst gekümmert, denn jeder musste sich beweisen. Es gab drei Mann, die deinen Platz haben wollten. Das kannte ich so nicht, es war eine komplett neue Situation für mich. Ich habe den Konkurrenzkampf mit den Kollegen nicht verstanden und konnte ihn dadurch auch nicht annehmen. Ich habe mich nie als Teil der Mannschaft gefühlt. Mein damaliger Trainer Jim Schoenfeld wollte das auch genauso haben. Er hat gesagt: „Ich will nicht, dass du dich eine Sekunde wohlfühlst. Ich will, dass du Angst vor mir hast, dass ich dich wegschicke. Nur so kriege ich das Beste aus dir heraus.“ Mit Anfang 20 habe ich nicht kapiert, was er will. Ich habe auch keine Fragen gestellt oder mir Hilfe gesucht.
Wie stolz bist du trotzdem, es in die NHL geschafft zu haben?
Ich glaube schon, dass ich sehr stolz darauf sein kann. Immerhin war ich der erste deutsche Stürmer, der in der NHL gespielt hat. In 100 Jahren NHL-Geschichte gab es vielleicht 7.000 Spieler – ein Teil dieser Gruppe zu sein, ist nicht so verkehrt. Ich hätte mir gewünscht, dass ich mich persönlich besser darauf vorbereitet hätte. Vielleicht hätte ich es dann auch länger dort schaffen können. Eishockey-technisch wäre ich gut genug gewesen, um längere Zeit in der NHL verbringen zu können. Mental war ich aber völlig unvorbereitet.