Damit das diesmal nicht wieder der Fall ist, hat Reichel in der Offseason hart gearbeitet. Die vordringlichsten Ziele hießen, das Defensivverhalten zu verbessern und am Bullypunkt stärker zu werden. Die Anspiele trainierte er im Sommer zusammen mit seinem Vater Martin Reichel, der viele Jahre als Profi in der obersten deutschen Spielklasse aktiv war und 2004 mit den Frankfurt Lions den Meistertitel gewann. „Ich habe mir zusätzlich Filmmaterial angeschaut. Inzwischen fühle ich mich wesentlich sicherer bei den Bullys. Allerdings hat man es dabei in der NHL mit den besten Leuten zu tun“, sagte der Angreifer der Blackhawks.
Das bekam er bei seinen Einsätzen in der Preseason einmal mehr zu spüren. Beim 2:1-Erfolg im Vorbereitungsmatch gegen die St. Louis Blues stand für ihn eine Effizienz bei den Bullys von gerade einmal 14,3 Prozent zu Buche. Zwei Tage später, bei der 1:6-Pleite gegen die Detroit Red Wings sah die Statistik mit einer Erfolgsquote von 56,3 Prozent wesentlich besser aus. Beim 4:2-Sieg am 2. Oktober im Rückspiel sackte der Wert wieder auf 33,3 Prozent ab. Hinzu kam eine -2 in der Plus-Minus-Bilanz.
Trainer Luke Richardson zeigte sich mit Blick auf das Auf und Ab barmherzig. „Es dauert einfach seine Zeit, bis man im Bullykreis in der NHL alle Tricks beherrscht und Top-Niveau erreicht. Dafür haben wir Coaches, die ihn dabei unterstützen“, so der verantwortliche Mann hinter der Bande der Blackhawks über Reichels Leistung bei den Puckwürfen.
Nach eigener Einschätzung sind die Vorbereitungspartien für Reichel bislang ordentlich verlaufen. „Das gilt nicht zuletzt für meine Defensivarbeit. Ich fühle mich in den Zweikämpfen und im Spiel in den Ecken wesentlich stärker als vor einigen Monaten. Aber insgesamt können wir uns sicherlich noch steigern“, lautete sein Fazit kurz vor dem Ende der Preseason.
Wie es im Moment aussieht, darf Reichel darauf hoffen, die Center-Rolle der zweiten Sturmreihe einzunehmen. Mögliche Partner wären Andreas Athanasiou auf dem linken Flügel und der Schweizer Philipp Kurashev auf der rechten Seite. „Ich spiele unheimlich gern als Center. Auf dieser Position kann ich mein Skating und meine Geschwindigkeit besonders gut zur Geltung bringen. Darauf liegt mein Hauptaugenmerk“, ließ er zu Beginn der Vorbereitung verlauten.
Reichel sieht sich jetzt in einer wesentlich besseren Ausgangslage als noch vor Jahresfrist, um sich in der NHL festzubeißen. „Ich habe in den Spielen für die IceHogs und den Blackhawks unheimlich viel gelernt und einiges an Selbstvertrauen hinzugewonnen. Von daher bin ich bereit, die Herausforderung anzunehmen“, betonte er.
Einen Fan hat Reichel bereits unter seinen Mitspielern: Connor Bedard. Der First-Overall-Pick der Blackhawks beim NHL Draft 2023, der als kommender Superstar in der Liga gehandelt wird, sitzt während des Trainingslagers neben dem Deutschen in der Kabine. „Er ist ein toller Typ auf und abseits des Eises. Es ist unglaublich, was er manchmal auf dem Spielfeld zeigt. Es ist eine Freude für mich, dass wir zusammen trainieren und uns dabei näher kennenlernen konnten“, sagte Bedard.
Seit seinem Wechsel nach Nordamerika zur Saison 2021/22 kam Reichel bei den Blackhawks zu 34 Einsätzen, in denen er es auf 16 Scorerpunkte (sieben Tore, neun Assists) brachte. Die meiste Zeit wurde der Erstrundenpick von Chicago beim NHL Draft 2020 (Gesamtposition 17) bei den IceHogs eingesetzt, bei denen er vollauf zu überzeugen wusste.