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Der Freitag war für Ron McCool kein guter Tag, zumindest sportlich gesehen. Der Fan der Nürnberg Ice Tigers und Buffalo Sabres sah sein DEL-Team live in der Arena gegen den Gegner aus Bremerhaven historisch mit 0:9 untergehen. Zeitgleich verloren seine Sabres ihr erstes Spiel der NHL Global Series Tschechien 2024 präsentiert von Fastenal gegen die New Jersey Devils in Prag mit 1:4.

Es gab also keinen Grund für McCool, den Twistman, zu tanzen, wie er es sonst kurz vor dem Ende eines Heimspiels der Ice Tigers seit mehr als einem Jahrzehnt zum Song „I feel good“ von James Brown macht. Dadurch wurde er in Eishockey-Deutschland über Nürnberg hinaus bekannt. Immer dabei sein rotes Trikot der Sabres mit dem Schriftzug „Twistman“ und der Nummer 59 auf dem Rücken, das er dann während des Tanzens auszieht, ehe er seinen Oberkörper ganz entblößt.

Der US-Amerikaner McCool stammt aus Buffalo und arbeitete für die US Army in Deutschland, als er seine Frau Dunja kennenlernte und wegen der er immer noch in Deutschland lebt, obwohl er mittlerweile in Rente ist. Die Heimspiele der Ice Tigers sind ein Muss für das Paar und für den Besuch legen sie über 90 Kilometer einfache Fahrtstrecke von ihrem Wohnort zurück.

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Vor ein paar Wochen überraschte Dunja ihren Ron und erzählte ihm, dass er das Wochenende 5. und 6. Oktober freihalten solle, ohne ihm den Grund zu nennen. „Er hat so lange genervt bis ich ihm gesagt habe, dass wir nach Prag fahren“, erläutert sie. „Prag, was machen wir in Prag?“, hat Ron ihr entgegnet und hatte nicht am Schirm, dass seine Sabres dort gegen die Devils ein NHL-Spiel austragen werden. „Ich wusste, dass sie in München sind, aber das hat terminlich nicht gepasst, aber an Prag hatte ich überhaupt nicht gedacht“, sagt er grinsend. „Dann hat sie mir gesagt, dass wir die Sabres anschauen werden und da war ich natürlich perplex.“

Am Samstagmorgen ging es mit dem Auto in etwas mehr als zwei Stunden nach Prag und die Vorfreude bei Ron war groß. Er hatte sein Herzensteam schließlich das letzte Mal bei der NHL Premiere 2011 in Berlin gegen die Los Angeles Kings live gesehen. „Auch im Fernsehen bekommt man die Sabres in Deutschland nicht zu häufig zu sehen“, merkt er an. „Da ist es schon was Besonderes, wenn sie zu uns in die Nähe kommen.“ Und das Dunja daran gedacht und Karten besorgt hat, macht ihn kurz sprachlos.

Als Jugendlicher im Alter von ca. 13 Jahren war er in Buffalo das erste Mal in der Arena. Es war kurz nachdem die Sabres zur Saison 1970/71 in die NHL kamen. Die Buffalo Bills aus der NFL und die Sabres aus der NHL sind seine Teams. „Meine Mutter hat immer sehr viel NHL im Fernsehen geschaut, ist aber nie selbst ins Stadion gegangen“, erläutert er. „Da kam das Interesse von mir an der Sportart von ganz alleine.“

Live NHL in der Arena anzuschauen, damals noch im altehrwürdigen Buffalo Memorial Auditorium, war für McCool eine Seltenheit. „Meist haben wir die Karten von Freunden oder Nachbarn bekommen“, erinnert er sich.

Zuletzt habe er die Sabres in Buffalo in den Stanley Cup Playoffs 2011 gesehen, als sie die Best-of-Seven-Serie in der ersten Runde mit 3:4 gegen die Philadelphia Flyers verloren. „Ich war bei allen drei Heimspielen und es war eine verdammt enge und spannende Serie. Die Fans haben die Mannschaft lautstark angefeuert, aber es hat nichts genützt“, sagt er und man merkt förmlich den Schmerz in ihm, dass die Sabres damals ausgeschieden sind.

Doch der Schmerz wurde in den Folgejahren noch größer. Das war das letzte Mal, dass die Sabres seitdem in den Playoffs vertreten waren. „Die Fans in Buffalo sind wirklich leidenschaftlich und es ist sehr hart für sie, dass es nicht mehr geklappt hat“, verdeutlicht er.

Leider gab es für ihn auch am Samstag nichts zu feiern und tanzen, denn das zweite Spiel der Global Series ging mit 3:1 erneut an die Devils, doch der Twistman nimmt es sportlich. „It’s only a hockey game! You win and you lose! (Es nur ein Eishockeyspiel! Du gewinnst und du verlierst!)”, sagt er hinterher nüchtern.

Trotzdem hofft er, dass es langsam besser wird und die Sabres nicht nur wieder in die Playoffs einziehen, sondern irgendwann demnächst erstmals den Stanley Cup gewinnen werden. „Das wäre schön, wenn ich das noch mal erleben dürfte“, sagt der 65-Jährige ein bisschen wehmütig.

Bis dahin wird er weiter stolz sein rotes Sabres-Trikot zu den Eishockeyspielen der Ice Tigers anziehen und am Ende tanzend abstreifen. Vielleicht wird er es auch wieder zu einem Sabres-Spiel ausführen. „Das Trikot haben mir meine Freunde geschenkt, als ich vom Einsatz aus dem Irak zurückkam. Die 59 ist mein Geburtsjahr“, erzählt McCool stolz und genauso stolz trägt er es. Und wer weiß, vielleicht tanzt und strippt der Twistman dann auch mal im KeyBank Center bei den Sabres. In Nürnberg ist er deswegen schon längst Kult.

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