bergmann

Bei den International Ice Exclusives führt NHL.com/de Interviews mit Spielern aus den nationalen Ligen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

In dieser Ausgabe: Lean Bergmann (Eisbären Berlin)

Lean Bergmann spielte zwischen 2019 und 2021 für zwei Jahre in der Organisation der San Jose Sharks. Dabei absolvierte er 13 Spiele in der NHL (0-1-1) sowie 63 Partien für das Farmteam San Jose Barracuda in der AHL (10-14-24). Er ist bekennender Fan der Florida Panthers und verfolgte das Stanley Cup Finale 2023 live vor Ort in Sunrise.

Der 27-jährige Stürmer wurde in Hemer im Sauerland geboren und beim Iserlohner EC ausgebildet. Auf dem Weg zum Profi verbrachte er zweieinhalb Jahre im Juniorenbereich in Schweden (Frölunda HC, Almtuna IS) sowie weitere zweieinhalb Jahre in der USHL (Sioux Falls Stampede, Green Bay Gamblers), ehe er für seinen Heimatklub Iserlohn Roosters in der DEL debütierte. Direkt in seiner ersten Saison (50 Spiele, 20-9-29) stellte er sich für die NHL ins Schaufenster und unterschrieb bei den Sharks. 2021 kehrte der Nationalspieler nach Deutschland zurück, lief zunächst für die Adler Mannheim und leihweise für die Roosters auf. Seit 2023 schnürt er die Schlittschuhe für die Eisbären Berlin, mit denen er zuletzt zweimal in Folge Deutscher Meister wurde (2024, 2025). In 194 DEL-Spielen kommt der physisch starke Power Forward auf 96 Scorerpunkte (50-46-96) und 229 Strafminuten. Aktuell steht er nach 17 Partien bei neun Punkten (1-8-9).

NHL.com/de sprach mit Bergmann nach einem wilden 5:4-Auswärtssieg n.P. in Nürnberg über die aktuelle Lage in Berlin, die Zeit mit Hall-of-Famer Joe Thornton und seine Bewunderung für die Tkachuk-Brüder Brady und Matthew.

Servus Lean! Ein solch emotionales Spiel wie heute dürfte voll nach deinem Geschmack gewesen sein…
Jeder genießt diese Spiele am meisten, in denen Emotionen drin sind und in denen man Eishockey spielen darf.

Du spielst in einer Reihe mit Andreas Eder und Markus Vikingstad. Was macht eure Linie aus?
Wir spielen seit Wochen so zusammen und haben eine gute Chemie. Ich fühle mich sehr wohl in dieser Reihe, was man auch sieht, glaube ich. Wir ergänzen uns gut, denn jeder spielt ein bisschen ähnlich und hat einen hybriden Spielstil.

Die Eisbären stehen als amtierender Meister überraschend weit hinten in der Tabelle, was auch an den vielen Verletzten liegt. Wie schwierig ist die aktuelle Situation?
Ich mache mir da überhaupt keine Gedanken. Jede andere Mannschaft wäre mit dieser Anzahl an Verletzten wahrscheinlich Letzter oder Vorletzter. Wir spielen seit zwei Monaten so dezimiert. In der Kabine ist es kein großes Thema. Klar stört es jeden, aber so wie wir trotzdem spielen, muss uns das erstmal jemand nachmachen. In der Tabelle ist alles sehr eng zusammen, da geht es ganz schnell nach oben oder unten.

Auch dein Lieblings-NHL-Klub Florida Panthers hat mit einem großen Lazarett zu kämpfen. Machst du dir dort mehr Sorgen?
(Lacht) Es scheint, als wären beide Meister angeschlagen. Man sieht, was ein paar verletzte Spieler ausmachen. Statt ein Top-Team zu sein, kämpft man im Mittelfeld. Für die Panthers wird es wichtig sein, dass die Top-Jungs zurückkehren. Das ist bei uns nicht anders.

Matthew Tkachuk soll in den nächsten zwei Wochen zurückkommen. Von seiner Spielweise her müsste er doch eigentlich dein Lieblingsspieler sein oder?
Auf jeden Fall. Seinen Bruder (Brady Tkachuk, Ottawa Senators, d. Aut.) finde ich vielleicht sogar noch ein Tacken besser. Beide spielen hartes Eishockey, gehen dahin, wo es wehtut. Brady sogar noch ein bisschen mehr. Genau so sollte Hockey gespielt werden. Das respektiere ich. Es macht Spaß, da zuzugucken. Damit kann ich mich voll identifizieren.

TOR@OTT, Sp3: Tkachuk gleicht zum 2:2 aus

Die Tkachuks gehen ja nicht nur physisch, sondern auch verbal unter die Haut. Schaust du dir auch diesbezüglich etwas ab?
(Lacht) Ich höre ja nicht, was sie so sagen, aber ich glaube, dass ich da auch ganz gut unterwegs bin. Ich sage schon auch mal das eine oder andere Wörtchen.

Du hast damals in San Jose mit Joe Thornton zusammengespielt, der kürzlich in die Hockey Hall of Fame aufgenommen wurde. Was ist dein bester Thornton-Moment?
Ich war mehrmals bei ihm zu Hause zum Abendessen. Meine Lieblingsgeschichte ist aber auf einem Flug passiert: Die Jungs haben Karten gespielt und noch einen Spieler gebraucht, also bin ich eingesprungen. Er ist aufgestanden, damit ich mich mitspielen konnte und hat sich einfach auf den Boden gesetzt. Das war unglaublich, dass der Rookie aus Germany einem Veteranen mit über 1000 NHL-Spielen den Platz weggenommen hat.

Was macht Thornton zu so einem sympathischen Typen?
Er hat einfach Spaß an der Sache. Ihm liegt der Sport am Herzen, er ist ihm wichtig. Hinter den Kulissen kann er aber auch mal ernster sein, was auch dazu gehört.

An diesem Wochenende ist die NHL im Rahmen der Global Series 2025 zu Gast in Stockholm. Du selbst hast in Schweden gespielt. Welchen Stellenwert hat das Hockey dort?
In Schweden ist das schon Nationalsport. Ich würde aber auch sagen, dass Fußball einen großen Stellenwert hat, das glaubt man gar nicht. Was die Schweden ausmacht, ist extrem hartes Training und viel Disziplin. Wenn man in der Champions Hockey League gegen sie spielt, dann sieht man, wie läuferisch stark und gut in den Zweikämpfen ihre Top-Teams sind. Es ist ein intensives und ehrliches Eishockey. In den letzten Jahren ist es vielleicht etwas technischer geworden und weniger körperlich.

Wie hast du Schweden kulinarisch erlebt?
(Lacht) Bei mir ist das Essen in der Schule in Erinnerung geblieben. Da gab es immer Fleischbällchen mit Kartoffelbrei oder Fischgratin. Das war allerdings nicht sehr beliebt.

Bergmann könnte auch ein schwedischer Name sein. Hast du Wurzeln dort?
In Schweden wird der Name mit nur einem „N“ geschrieben. Ich habe jedenfalls keinen schwedischen Hintergrund. Mit der Arbeiter-Kultur, die sie dort haben, bin ich aber gut klargekommen. Es war eine besondere Zeit, was mir damals gar nicht so bewusst war. Ich habe die Sprache gelernt, sie sogar fließend gesprochen und geschrieben. In der Corona-Pause war ich für ein paar Monate wieder da und habe ein paar Jungs von früher getroffen. Die Zeit war mega. Ich kann nur sehr viel Gutes über Schweden sagen.

Du hast Deutschland bei den Olympischen Spielen 2022 vertreten. Wie ist der Kontakt zum Bundestrainer? Hast du Hoffnungen, noch auf den Olympia-Zug für 2026 aufspringen zu können?
Ich habe jetzt nicht mehr oder weniger Kontakt als jeder andere. Das muss man sehen. Es wird davon abhängen, was für eine Art von Mannschaft man aufstellen möchte. Wenn man eher technisch spielen möchte, sieht es nicht so gut für mich aus. Ich kann mich noch gut an die letzten Olympischen Spiele erinnern. Es war etwas Anderes auf der kleineren Fläche, und ich hatte das Gefühl, dass wir als Mannschaft überhaupt nicht gut damit klargekommen sind. Vor allem mit der Intensität. Ich habe ja mehrere Jahre drüben auf dem kleineren Eis gespielt - man kann über alles reden, aber es ist nicht meine Entscheidung.

Wie siehst du die Chance, dass Deutschland eine der Top-Nationen ärgern kann?
Die Chance ist immer da. Es wird auch von unseren Superstars abhängen. Klar ist es ein Unterschied, ob du in allen vier Reihen NHL-Stars hast oder nur in anderthalb. Ich denke, dass es schon sehr schwer wird. Kanada oder die USA - das ist schon Extraklasse.

Wer wird am Ende Gold gewinnen?
Ich glaube Kanada. Wenn es darauf ankommt, haben sie immer den einen springenden Puc oder einen Schuss mehr als alle anderen Nationen. Aber es ist schwer zu sagen. Es ist lange her, dass man Best-on-Best-Hockey gesehen hat. Der 4 Nations Face-off war ein Vorgeschmack, da hieß es am Ende auch USA oder Kanada. An einem guten Tag kann aber alles passieren.

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