Lean bergmann

International Ice ist die wöchentliche Serie von NHL.com/de, in der über Spieler mit NHL-Bezug aus den wichtigen europäischen Ligen berichtet wird. Dabei richtet sich der Fokus auf Akteure aus Deutschland, der Schweiz und Österreich.

Lean Bergmann ist seit der Saison 2021/22 zurück in der DEL. Der in Hemer geborene Power Forward empfahl sich bei seinem Heimatklub Iserlohn Roosters in der Saison 2018/19 für einen Wechsel in die NHL. In zwei Jahren absolvierte er 13 NHL-Spiele für die San Jose Sharks (0-1-1) sowie 63 AHL-Partien für den San Jose Barracuda (10-14-24). Seit seiner Rückkehr nach Deutschland trug der 25-jährige Stürmer das Trikot der Adler Mannheim, Iserlohn Roosters und zuletzt Eisbären Berlin. Mit den Hauptstädtern qualifizierte sich Bergmann souverän für die Playoffs. NHL.com/de sprach exklusiv mit dem Nationalspieler.

Servus Lean! Schon zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 19. Januar 2024 musstest du aufgrund einer Verletzung dreieinhalb Monate zuschauen. Zuletzt fehlte dein Name wieder in der Aufstellung. Was ist passiert?

Momentan bin ich einfach krank. Zu der Verletzung im Herbst kam es im Heimspiel gegen Nürnberg. Ich habe jemanden gecheckt, er ist von der Bande zurückgeprallt und unglücklich auf mich draufgefallen. Dabei habe ich mich verletzt.

Seit deiner Rückkehr in die DEL konntest du nie mehr als 32 Saisonspiele absolvieren. Es scheint, als wärst du vom Verletzungspech verfolgt...

Ja, das ist brutal! Anders kann man es nicht sagen. Vor meiner Rückkehr nach Deutschland war ich in meinem Leben vielleicht einmal verletzt. Bis dahin dachte ich, dass ich diesbezüglich gute Gene habe. In den letzten Jahren ist es aber zum Verzweifeln. Wenn man auf jede einzelne Verletzung zurückblickt, dann war es immer mit viel Pech verbunden. Das ist verrückt.

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Wie schwer fällt es dir, mit den vielen Ausfällen umzugehen?

Es ist brutal frustrierend, vor allem nach der letzten Saison hatte ich ein langes Sommertraining und war zu Saisonbeginn wieder in herausragender Form. In den Jahren zuvor war ich immer mal verletzt oder hatte eine Herzmuskelentzündung, die es mir gar nicht erlaubt hat, Sport oder Reha zu machen. Das ich jetzt wieder ausgefallen bin, war natürlich sehr bitter. Wenn man so darüber nachdenkt, kann man eigentlich nur aufstehen und weitermachen. So wie immer.

In der laufenden Saison waren es 15 Einsätze für Berlin (3-3-6). Wie hat Trainer Serge Aubin deine Rolle definiert?

Ich bin auf jeden Fall für die Bottom-Six-Reihen eingeplant. Meine Rolle ist, Unterzahl zu spielen, Energie und Physis reinzubringen, läuferisch stark zu sein, Zweikämpfe zu gewinnen und dem Gegner unter die Haut zu gehen. In der Regel bilde ich ein festes Duo mit Manuel Wiederer. Der dritte Reihenpartner hat immer mal wieder gewechselt.

Es gibt durchaus Parallelen zwischen dir und Manuel Wiederer. Er ist zwei Jahre älter und hat auch beim San Jose Barracuda in der AHL gespielt. Habt ihr euch über die Zeit in Nordamerika schon unterhalten?

Auf jeden Fall. Ich sitze auch in der Kabine neben ihm.

In der DEL habt ihr euch bis zum Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Fischtown Pinguins um den Hauptrunden-Sieg geliefert. Wie siehst du eure Saison und die von Bremerhaven?

Es war von beiden Mannschaften sehr, sehr stark, das kann man nicht anders sagen. Ich denke, dass wir eine kleine Extraklasse haben im Vergleich zu den anderen Teams. Das sieht man auch an den Punkten. Wir werden sehen, wer sich jetzt in den Playoffs durchsetzt. Das Ziel ist auf jeden Fall der Meistertitel. Alles andere wäre eine Enttäuschung.

Wie groß ist deine Vorfreude auf die DEL-Playoffs?

Sehr groß. Man trainiert den ganzen Sommer und spielt in der Hauptrunde für die Playoffs. Das sind die Momente, auf die es ankommt. Das Hockey ist intensiver, körperlicher und emotionaler. Ich würde sagen, dass mir das mehr liegt.

Was macht die Eisbären in diesem Jahr so stark?

Für mich sind es vor allem zwei Punkte: Zum einen sind wir läuferisch wahrscheinlich das stärkste Team der Liga. Am Anfang der Saison waren wir in diesem Bereich sogar noch dominanter als jetzt. Zum anderen glaube ich, dass unsere Mannschaft sehr gut zusammengestellt ist. Jeder hat klare Rollen und kennt seine Aufgabe. Das Team ist sehr gut ausbalanciert, man sieht eine klare Struktur. Das ist enorm wichtig.

Im Playoff-Viertelfinale spielt ihr gegen eine Mannschaft, die zuvor noch in den Pre-Playoffs ermittelt wird. Hast du einen Wunschgegner?

(Lacht) Ich würde gerne gegen Mannheim spielen, das ist klar. Nicht nur, weil es mein Ex-Verein ist und ich dort noch fast jeden kenne. Adler und Eisbären – das sind die zwei größten Klubs in Deutschland. Da ist sportlicher Ehrgeiz da. Es wäre eine gute Serie.

Du bist nach wie vor eng mit deinem Heimatklub Iserlohn verbunden. Wie hast du das „Wunder vom Seilersee“ mit dem nicht mehr für möglich geglaubten Klassenerhalt erlebt?

Das ist brutal. Man kann es nur als Wunder bezeichnen, so weit wie sie schon abgeschlagen waren. Es ist ganz stark, wie sie zuletzt gespielt haben. Offensichtlich hat Trainer Doug Shedden etwas gefunden. Es hat Klick gemacht. Wäre es schon die ganze Saison so gelaufen, dann wäre Iserlohn wohl auch in die Playoffs gekommen. Mich freut es natürlich unglaublich, dass sie in der DEL bleiben. Ich habe die Ergebnisse immer verfolgt.

Du bist seit drei Jahren zurück aus Nordamerika. Wie blickst du mit etwas Abstand auf die Zeit in der NHL zurück?

Es war schon sehr lehrreich. Es hat einem vor Augen geführt, auf wie viele Sachen es in einem Spiel ankommt. Vor allem auch mit welcher Strenge. Ich hätte mir gewünscht, dass ich das schon vorher gelernt hätte, dass mir jemand diese Dinge gezeigt hätte. So musste ich eben ins kalte Wasser springen und schnell lernen.

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Leon Gawanke war bis vor Kurzem noch in der Organisation der San Jose Sharks, schloss sich dann aber den Adlern Mannheim an. Warst du von seiner DEL-Rückkehr überrascht?

Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen, aber ich glaube, auf eine gewisse Art zu wissen, wie er sich gefühlt hat. Es kam schon ein Stück weit überraschend. Ich hätte gedacht, dass er die Saison in San Jose zu Ende spielt und am Ende noch seine Chance bekommt. Ich weiß natürlich nicht, was vor Ort kommuniziert wurde, verwunderlich ist es schon. Er hat dort stark gespielt. Allerdings ist er ein Spielertyp, der eher in Konkurrenz mit Top-4-Verteidigern steht. Das macht es noch einmal schwerer, in die Top 6 zu kommen.

Bei den Olympischen Winterspielen 2022 warst du noch Teil der deutschen Nationalmannschaft. Seitdem hat es nicht mehr geklappt. Warum?

Um ehrlich zu sein, war ich bis auf die letzte Weltmeisterschaft bei jeder einzelnen DEB-Maßnahme verletzt. Da wäre nichts möglich gewesen. Im letzten Jahr bin ich vor der WM gerade von einer Verletzung zurückgekommen und war körperlich mehr ein Flickenteppich als in guter Form.

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Hoffst du auf einen Anruf von Bundestrainer Harold Kreis für die anstehende WM 2024 in Tschechien?

Natürlich würde ich unglaublich gerne spielen. Unter Vorgänger Toni Söderholm hatte ich von der ersten bis zur letzten Maßnahme alles mitgemacht, glaube ich. Es ist schon ärgerlich, dass es zuletzt so unglücklich gelaufen ist. Ich möchte unglaublich gerne wieder zurück in die Nationalmannschaft. Dieser Weg beginnt aber damit, wieder gesund zu sein und gutes Eishockey zu spielen. Ich will mich jetzt erstmal auf meinen Job in Berlin konzentrieren und gute Playoffs spielen. Mehr kann ich nicht machen.

In der NHL hast du für die San Jose Sharks gespielt, bist selbst aber Fan der Florida Panthers. Wie siehst du die bisherige Saison der beiden Klubs?

Die Saison der Sharks ist sehr ernüchternd. Sie sind in einem Rebuild. Bei Florida ist es genau das Gegenteil: Bei den Panthers wurde in den letzten Jahren vieles richtig gemacht. Sie haben eine gute Rollenverteilung, ein sehr ausbalanciertes Team, auch die Bottom-Six-Reihen sind top besetzt. Eine sinnbildliche Aktion war für mich der Tausch von Jonathan Huberdeau für Matthew Tkachuk. Da hat man einen talentierten Spieler für einen der dreckigsten Spieler der Liga getradet, der alles kann. Mit ihm gewinnt man etwas in den Playoffs. Das sieht man auch in anderen Teams: Boston mit Brad Marchand oder Tampa Bay, das damals für Barclay Goodrow aus San Jose oder Nick Paul aus Ottawa getradet hat. Auch die Carolina Hurricanes oder Vegas Golden Knights haben solche Spielertypen. Das ist für mich kein Zufall.

Im Vorjahr warst du beim Stanley Cup Finale vor Ort und hast dir die Spiele in Sunrise live angeschaut. Wie war diese Erfahrung für dich?

Das sind die Spiele, von denen jeder träumt. Es war unglaublich cool und sehr interessant zu sehen. Insbesondere die Intensität war beeindruckend. Leider waren bei den Panthers einige Spieler böse verletzt.

Wirst du 2024 wieder beim Stanley Cup Finale sein?

(Lacht) Sehr wahrscheinlich nicht. Ich glaube zwar, dass Florida in diesem Jahr wieder ein Titelkandidat ist, auch wenn erneut vieles stimmen muss. Mein Sommerfahrplan ist aber eigentlich, viel zu trainieren. Ansonsten möchte ich auch gar nichts anderes machen.

Wer schafft es deiner Einschätzung nach ins Stanley Cup Finale?

Im Osten würde ich auf jeden Fall die Panthers nehmen, denn ich finde, sie spielen sehr ansehnliches Hockey. Im Westen ist es wirklich schwierig zu sagen. Ich tippe auf die Colorado Avalanche.

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