Grizzlys Wolfsburg v Adler Mannheim - Penny DEL

David Wolf wurde bei den Adler Mannheim ausgebildet und spielte in der DEL zwischenzeitlich für die Hannover Scorpions sowie die Hamburg Freezers, war außerdem eine Saison in der NHL für die Calgary Flames aktiv, ehe er 2016 nach Mannheim zurückkehrte. Im Interview mit NHL.com/de spricht der 34-Jährige über die Situation in der DEL, über seine Erinnerungen an die NHL und über seinen ehemaligen Mitspieler Tim Stützle, der heute zu den Top-Stars der Ottawa Senators gehört. 

David, die Adler Mannheim durchleben eine eher schwierige Saison. Hattest Du vor dem Saisonstart damit gerechnet?

Nein. Man geht nach jedem harten Sommer-Training mit voller Motivation in die neue Saison und versucht, das Beste herauszuholen. Wir sind auch ganz ordentlich in die Saison gestartet, haben dann aber viele Verletzungen von sehr guten Spielern erlitten. Wir mussten oft mit einem schmalen Lineup spielen und haben in dieser Zeit viele Körner gelassen. Das ging über sechs, sieben Wochen so. Mal kam ein Spieler zurück, dann fiel ein anderer wieder aus. Dadurch haben wir den Rhythmus verloren.

Wie wichtig wäre es für die Mannschaft, die Saison noch in den Top-6 abzuschließen und dadurch die Pre-Playoffs zu überspringen? Oder werden in den Playoffs die Karten ohnehin neu gemischt?

Die Karten werden zwar neu gemischt, aber die Top-6 sind klar unser Ziel. Wir haben nun einen fast komplett fitten Kader und werden in den letzten Saisonspielen versuchen, alles rauszuholen. Wir haben zuletzt schon einige sehr gute Spiele abgeliefert, haben zum Beispiel in Straubing gewonnen und auch in Berlin eigentlich gut gespielt, nur leider nicht gepunktet. Es geht trotzdem in die richtige Richtung.

Grizzlys Wolfsburg v Adler Mannheim - Penny DEL

Abgesehen von dem eigenen Team: Welche Mannschaften in der DEL schätzt Du im Hinblick auf die Playoffs besonders stark ein? 

Die altbekannten Namen. Die Eisbären Berlin spielen wieder einmal eine überragende Saison. Die muss man auf dem Zettel haben. Die Straubing Tigers sind ein sehr unangenehmer Gegner, aber auch die Kölner Haie setzen immer wieder Akzente. Der EHC München hatte zuletzt ebenfalls viel Verletzungspech, bringt aber genug Erfahrung mit, um in den Playoffs weit zu kommen. Die DEL ist insgesamt sehr ausgeglichen. 

Ihr habt mit Leon Gawanke einen neuen Spieler dazubekommen, der den Organisationen der Winnipeg Jets und zuletzt San Jose Sharks angehörte, jedoch vergeblich auf sein NHL-Debüt hoffte. Was kann er in die Mannschaft einbringen?

Er kann genauso wie in der AHL seine Offensivkraft einbringen. Er ist ein sehr mobiler Powerplay-Rechtshand-Verteidiger, der scoren und auch seine Mitspieler in Szene setzen kann. Ich denke, deshalb haben die Adler ihn auch geholt.

Im Kader der Adler Mannheim befinden sich mit Spielern wie Tom Kühnhackl, Korbinian Holzer einige Akteure, die bereits in der NHL gespielt haben. Wie intensiv verfolgt ihr noch das Geschehen in der NHL?

Bei uns in der Küche laufen den ganzen Tag die Highlights vom Vortag. Die meisten Spieler von uns schauen sich das interessiert an. Wenn es eine sehenswerte Szene gibt, diskutieren wir auch darüber. Aber die NHL steht bei uns natürlich nicht im Vordergrund. 

Gibt es ein Team, dem Du die Daumen drückst?

Nein, ich favorisiere keine bestimmte Mannschaft. Mit zwei Kindern habe ich auch nicht genug Zeit, um die Spiele so intensiv zu verfolgen, dass ich Gefühle zu einem Team entwickeln könnte.

Du hast bei den Adler Mannheim mit Tim Stützle zusammengespielt, ehe er in die NHL gewechselt ist. Hattest Du erwartet, dass er in der NHL so durchstarten würde?

Ja, absolut. Der Tim ist schon in Mannheim ein hervorragender Eishockeyspieler gewesen. Man hat gesehen, was für ein Talent er hat. Ich glaube, jedem von uns war bewusst, dass er seinen Weg in der besten Liga der Welt gehen würde. Das hat er von Tag 1 an bewiesen.

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Was hat ihn ausgezeichnet, als er in der Saison 2019/2020 bei den Adler Mannheim debütierte?

Die gleichen Qualitäten wie heute. Er ist läuferisch unheimlich stark, agierte bereits im jungen Alter besser und stärker als ältere Spieler. Von seiner Lauftechnik her gehört er zu den besten Spielern der Welt. Zudem hat er diese starke Übersicht und Puck-Kontrolle in Verbindung mit seinem hohen Speed. Er macht ab und zu Plays, die wahrscheinlich kein anderer so machen würde. Das hat man gerade in Schweden gesehen, als er den Puck mit einem Baseball-Schwung reinmachte. Das sind Qualitäten, die man einfach in die Wiege gelegt bekommt. 

Blicken wir noch einmal auf Deine Vergangenheit in der NHL zurück. Du gehörtest in der Spielzeit 2014/2015 den Calgary Flames an und hast drei reguläre Saisonspiele sowie ein Playoff-Spiel bestritten. Wie blickst Du heute darauf zurück?

Das war eine super Erfahrung und eine wilde Zeit. Überhaupt den Sprung in die DEL geschafft zu haben, dann über Hamburg den Schritt nach Nordamerika zu machen und dort meine Erfahrungen zu sammeln, in der NHL auf dem Eis zu stehen, später die Silbermedaille bei Olympia zu gewinnen – das war alles eine riesige Ehre für mich. Das werde ich immer in guter Erinnerung behalten. Aber vermutlich kann man all das besser realisieren, wenn die Karriere beendet ist. Solange man noch aktiv ist, steckt man zu sehr im normalen Rhythmus und muss immer wieder performen. 

An welches der vier Spiele im Dienst der Calgary Flames denkst Du am liebsten zurück? Vielleicht das Playoff-Spiel?   

Natürlich war es super, in den Playoffs zu spielen. Ich muss allerdings sagen, dass vor allem mein erstes NHL-Spiel etwas ganz Besonderes für mich war. Ich war damals schon eine ganze Zeit lang im Team, habe mittrainiert, war dann aber oft Healthy Scratch. Dann bekam ich nach einem frühen Training plötzlich gesagt, dass ich am Abend spielen würde. Es ist schön, mich daran zurück zu erinnern.

Du hättest nach der Saison die Möglichkeit gehabt, in Calgary zu bleiben. Stattdessen kehrtest Du nach Deutschland zurück, zunächst zu den damaligen Hamburg Freezers, später dann nach Mannheim. Warum hast Du Dich damals gegen Nordamerika entschieden?

Der Hauptgrund war, dass ich meine Familie vermisst habe. Du lebst dort ein ganz anderes Leben. Ganz besonders als ausländischer Spieler, wenn man nie weiß, ob man nun in der AHL oder in der NHL spielen wird. Man sitzt viel im Flieger, jederzeit kann ein Callup kommen. Man konnte überhaupt nichts planen – auch wenn die Familie gerne einmal zu Besuch kommen würde. Der zweite Grund war, dass ich mir selber die Frage stellen musste, ob ich wirklich noch zwei oder drei Jahre dort für einen Platz in der NHL kämpfen möchte. Ich war damals auch nicht mehr der Jüngste. In Calgary konnte mir niemand die Sicherheit geben, dass ich in der NHL spielen würde. Mir wurde lediglich ein Zwei-Wege-Vertrag angeboten. Daher habe ich mich entschieden, lieber hier in Europa meine Ziele zu realisieren. Ich wollte Meisterschaften gewinnen, für die Nationalmannschaft spielen und an Olympia teilnehmen. 

Gab es danach noch einmal Kontakte in die NHL?

Nein, der Kontakt war danach weg. Ich habe mich voll auf meine neuen Aufgaben konzentriert. 

Wie schätzt Du das Niveau in der DEL im Vergleich zur NHL ein?

Drüben wird ein anderes Eishockey gespielt. Durch die kleinere Eisfläche ist alles schneller und systematischer, gerade in der Offensivzone passiert viel mehr als hier in Deutschland. Es ist schwer, zu vergleichen. Wir haben schon öfter gesehen, dass ein Spiel zwischen einer NHL-Mannschaft und einer DEL-Mannschaft auf großer Eisfläche knapp verlaufen kann. In den ersten beiden Reihen der NHL-Teams spielen natürlich Ausnahmespieler, die die Perfektion beherrschen. Gerade in der Offensive brauchen sie weniger Chancen, um ein Tor zu erzielen oder den entscheidenden Pass zu spielen. Aber ich denke, die Spieler der dritten oder vierten Reihe in der NHL könnten auch tagtäglich mit Spielern aus der DEL ausgetauscht werden, die dort auch ihre Rollen erfüllen würden. Um in die NHL zu kommen, muss man zwar viel arbeiten, braucht aber auch ein bisschen Glück und muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um eine Chance zu bekommen. Es steht aber außer Frage, dass die besten Spieler der Welt in der NHL spielen.

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