norwegians draft 6-28

Am Ende der ersten Runde des Upper Deck NHL Draft 2024 steht bereits eine Sache fest, es ist ein historischer Draft für ein kleines Eishockey-Land, das bisher kaum in der NHL in Erscheinung trat. Noch nie zuvor wurde ein Norweger in der ersten Draft-Runde gewählt, am Freitag wurde diese Ehre gleich zwei jungen Spielern zuteil. Michael Brandsegg-Nygard sorgte als 15. Pick für die Premiere, dicht gefolgt von Stian Sollberg an 23. Stelle.
 
Ein gemeinsamer Traum wird wahr

„Das war schon so lange mein Traum“, freute sich Brandsegg-Nygard. „Jetzt habe ich ihn erreicht und werde weiter arbeiten, um hoffentlich bald ein NHL-Spieler zu werden. Stian ist zu mir gekommen, als ich Richtung Bühne gegangen bin und hat mich umarmt, das war cool. Wir sind gegenseitig unsere größten Unterstützer und haben uns in der Schule und im Training immer sehr gepusht.“
 
In einer ähnlichen Position wie das norwegische Eishockey befand sich vor langer Zeit auch Deutschland. 1989 war Olaf Kölzig der erste Deutsche, der in der ersten Runde des Draft gewählt wurde. Die Washington Capitals nutzten den 19. Pick, um sich die Rechte an dem damals 19-jährigen Torhüter zu sichern. Vor ihm hatten nur drei Spieler aus Deutschland Spiele in der NHL bestritten. Michael Heidt kam nur sechs Mal zum Einsatz. Ulrich Hiemer brachte es auf 143 Spiele und Uwe Krupp, der 1983 erst in der elften Draft-Runde gezogen wurde, hatte zu diesem Zeitpunkt seine dritte NHL-Saison und 171 Spiele hinter sich.

Kölzig und Krupp entwickelten sich beide zu deutschen Eishockey-Legenden und sind auch den Fans in Nordamerika heute noch ein Begriff. Sie machten Scouts auf deutsche Spieler aufmerksam und es folgten immer mehr Spieler ihrem Weg durch den Draft. Bis heute wurden insgesamt 77 deutsche Spieler im Draft gewählt, inklusive Kölzig schafften es acht davon in die erste Runde. Eine Entwicklung, die aufsteigende Nationen im Eishockey gemeinsam haben, denn der Schweiz erging es ähnlich und auch Österreich erregte in den vergangenen Jahren im Draft mit Spielern wie Marco Rossi und Marco Kasper Aufsehen.

Die norwegische NHL-Geschichte

Ähnlich wie Krupp und Hiemer damals, gibt es nur zwei Norweger, die eine größere Rolle in der NHL spielten. Espen Knutsen wurde 1990 in der zehnten Runde von den Hartford Whalers gedraftet, kam aber erst 1997 zu seinem NHL-Debüt für die Anaheim Ducks. Zwischen 1997 und 2004 bestritt er 207 Spiele für die Ducks und Columbus Blue Jackets und erzielte dabei 111 Punkte (30 Tore, 81 Assists).

Mats Zuccarello ist die unangefochtene Nummer eins der norwegischen Geschichte und heute noch für die Minnesota Wild aktiv. Er wurde nie gedraftet, 2010 aber trotzdem von den New York Rangers in die NHL geholt. Mit 835 Spielen, 636 Punkten, 198 Toren und 438 Assists hält er sämtliche norwegischen NHL-Rekorde.
 
„Zu ihm schaut man natürlich auf“, betonte Solberg. „Er ist der einzige große Star, den wir haben. Ich glaube, jeder norwegische Eishockeyspieler schaut zu ihm auf.“
 
Bald könnte Zuccarello aber nicht mehr der einzige norwegische Star sein. Brandsegg-Nygard schrieb bereits am Freitag Geschichte. Als die Detroit Red Wings mit dem 15. Pick am Zug waren, trat Hockey Hall of Fame Mitglied Nicklas Lidstrom ans Mikrofon und rief seinen Namen aus.
 
„Als ich meinen Namen gehört habe, habe ich einen Energieschub durch meinen ganzen Körper gehen gespürt“, beschrieb der junge Stürmer den Moment. „Das war ein echt cooles Erlebnis.“

Der doppelte Norweger

Acht Picks später waren die Anaheim Ducks an der Reihe und wählten an 23. Stelle Solberg. „Das war ein großer Moment für uns beide“, kommentierte er den norwegischen Doppelschlag. „Wir sind schon lange Freunde. Ein großer Moment für Norwegen und für uns.“
 
Die Neuzugänge der Red Wings und Ducks haben beide das Potenzial, zu starken Spielern und Publikumslieblingen in der NHL zu werden. Brandsegg-Nygard ist ein zuverlässiger Zwei-Wege-Stürmer, der sowohl körperbetont als auch mit feiner Technik spielen kann und Torinstinkt hat. Solberg gilt als der wohl härteste Spieler des Jahrgangs und ist ein Defensivspezialist, der seinen Gegnern das Leben mit seiner Unnachgiebigkeit und krachenden Checks schwer macht.
 
„Er ist eine Erinnerung an frühere Zeiten“, beschrieb Pat Verbeek, der General Manager der Ducks. „Ich liebe, wie aggressiv und körperbetont er spielt. Das hat uns gefallen. Er ist wie Radko Gudas, nur acht Zentimeter größer. Wir achten nicht darauf, wo er herkommt, wir sehen nur einen wirklich guten Eishockeyspieler, aber aus seiner Perspektive ist das bestimmt etwas unglaublich besonderes.“

2 Picks kommen jeweils aus Norwegen und Finnland

Auftrieb für das Eishockey in Norwegen

Zumindest für die Fans in Norwegen, ist es aber nicht egal, woher diese beiden Spieler kommen. Athleten aus einem Land, in denen ihr Sport eher unbedeutend ist, können großen Einfluss auf die Entwicklung haben, wenn sie sich in der NHL durchsetzen. Das norwegische Eishockey ist offensichtlich bereits jetzt auf dem aufsteigenden Ast, wohl auch dank eines Vorbilds wie Zuccarello, wie es in Deutschland Kölzig und Krupp, in der Schweiz Mark Streit und in Österreich Thomas Vanek waren.

„Das norwegische Eishockey wird immer professioneller“, betonte Brandsegg-Nygard. „Junge Eishockeyspieler werden immer besser. In den letzten Jahren hat sich das Eishockey dort sehr entwickelt. Wir haben eine gute Gruppe von Spielern in Norwegen, die so alt wie ich oder jünger sind.“

Solberg und Brandsegg-Nygard können nun der nächste Schritt in dieser Evolution werden, wie Marco Sturm und Jochen Hecht (Deutschland), Roman Josi und Nino Niederreiter (Schweiz), Michael Grabner und Michael Raffl (Österreich).

„Eishockey ist nicht der größte Sport in Norwegen, aber es wird beliebter“, zeigte sich Solberg zuversichtlich. „Hoffentlich können Michael, ich und andere Spieler Vorbilder für die Kinder werden, so dass wir in ein paar Jahren einige NHL-Spieler haben.“

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