Es dauert nur 19 Sekunden, bis sich wieder alles auf zwei Spieler konzentriert. Leon Draisaitl gewinnt das erste Bully der Verlängerung. Connor McDavid nimmt hinter dem eigenen Tor Tempo auf, trägt die Scheibe bis ins Angriffsdrittel und legt sie ab. Ein trockener Handgelenkschuss aus dem High-Slot, der Puck schlägt an Frederik Andersens Blocker vorbei ein.

Es ist das 73. Siegtor von Draisaitl und sein 20. Tor in der Overtime. Für die Edmonton Oilers ist es ein 4:3-Sieg gegen die Carolina Hurricanes. Für ihr Star-Duo ist es ein weiterer Baustein in einer Geschichte, die immer deutlicher von entscheidenden Momenten erzählt.

Overtime-Blaupause

Der Ablauf des Angriffs wirkt simpel. Gerade in der Verlängerung zeigt sich jedoch, wie klar die Rollen bei den Oilers verteilt sind. McDavid zieht die Gegenspieler auf sich und öffnet das Zentrum. Draisaitl nutzt den Raum und vollendet mit einem Abschluss, den er schon dutzendfach gezeigt hat.

Mit dem Treffer setzt er sich an der Spitze der Oilers-Historie ab. Kein Spieler der Franchise hat mehr spielentscheidende Tore erzielt. Er lässt McDavid und Glenn Anderson hinter sich. Gleichzeitig erreicht Draisaitl mit dem Tor in der Verlängerung eine Marke, die über Edmonton hinausreicht.

Draisaitls Spezialdisziplin

Mit seinem 20. Treffer in der Overtime zieht Draisaitl an John Tavares und Jaromir Jagr vorbei. In der NHL-Geschichte steht er nun auf Platz vier. Er erreicht diese Marke, während seine Karriere noch mitten im produktivsten Abschnitt verläuft. Overtime ist für ihn kein Ausnahmezustand. Sie ist ein vertrauter Spielzustand, in dem er regelmäßig für die Entscheidung sorgt. Dass er kurz zuvor gegen die Columbus Blue Jackets bereits zwei Tore erzielt hatte und nur ein weiteres Spiel mit mehreren Treffern benötigt, um Mark Messier (70, Rang vier) in der Oilers-Historie einzuholen, unterstreicht dieses Profil. Draisaitl wird für seine Konstanz gelobt, doch seine Zahlen zeigen vor allem eins. Wenn ein Spiel an einer Szene hängt, ist er überdurchschnittlich oft der Spieler, der diese Szene prägt.

Draisaitl gelingen zwei Vorlagen und sein 20. Siegtreffer in der Verlängerung beim 4:3-Sieg gegen die Hurricanes

McDavid punktet weiter

An diesem Abend in Raleigh ist McDavid mehr als nur der Passgeber zum Sieg. Der Kapitän der Oilers erzielt zusätzlich zwei Tore. Mit seinem 124. Führungstreffer überholt er Wayne Gretzky (123) bei den Führungstoren in der Geschichte der Oilers und reiht sich direkt hinter Draisaitl (149) ein. Gleichzeitig baut er seine Punkteserie aus.

Mit 16 Zählern aus acht Spielen gehört er zu den heißesten Spielern der Liga. McDavid hat nun die zweitmeisten Overtime-Punkte in der NHL-Geschichte (46), nachdem er Evgeni Malkin (45) überholt hat.

Seine eigene Beschreibung dieses Anspruchs fällt eindeutig aus. „Wir hatten viele Chancen, viele Spiele gingen in die Verlängerung, und an vielen Abenden konnten wir den Unterschied nicht machen“, so McDavid. „Wir werden dafür bezahlt, den Unterschied zu machen, und heute Abend ist uns das gelungen.“

Ein Duo für entscheidende Momente

Zum 44. Mal bereitet McDavid ein spielentscheidendes Tor von Draisaitl vor. Damit zieht er mit Bryan Trottier gleich, der Mike Bossy ebenso oft ein Siegtor auflegte. Vor den beiden liegen nur noch Henrik Sedin (66) mit seinen Vorlagen für Daniel Sedin und Nicklas Backstrom (51) auf Alex Ovechkin.

Die Partie gegen die Hurricanes liefert die Bühne für diese Geschichte. Edmonton führt früh mit 2:0, nachdem Jack Roslovic und McDavid getroffen hatten. Carolina reagiert mit Eric Robinson und Nikolaj Ehlers, der seine eigene Punkteserie ausbaut. Im dritten Drittel bringt McDavid die Oilers nach einem Pass von Draisaitl erneut in Führung, bevor Jordan Staal ausgleicht.

Headcoach Kris Knoblauch sprach nach der Begegnung offen über Fehler. „Sie zwingen dich zu Fehlern, und wir haben einige davon gemacht. Aber [Skinner] hat ein wirklich gutes, starkes Spiel gemacht. Wir lagen mit 2:0 in Führung, aber [Carolina] hat sich überhaupt nicht geschlagen gegeben. Der Unterschied heute Abend, warum wir die zwei Punkte holen konnten, war, dass unsere besten Spieler unsere besten Spieler waren.“

Führungsstärke hinter den Rekorden

Zwischen allen Rekorden spielte sich eine andere Geschichte ab. Zach Hyman stand zum ersten Mal seit seiner Handgelenksverletzung wieder auf dem Eis. Seine Ausfallzeit reicht zurück bis in das vierte Spiel des Western Conference Final, als er sich gegen die Dallas Stars schwer verletzte. Gegen Carolina sammelte er einen Assist und liefert ein solides Comeback mit über 23 Minuten Eiszeit.

Für McDavid ist dieser Aspekt wichtig. „Es ist schön, ihn spielen zu sehen. Es war eine schwere Verletzung“, reflektierte der Oilers-Kapitän. „Ich habe hautnah miterlebt, wie er sich zurückgekämpft hat, und das war nicht immer einfach. Das ist es nie. Manchmal wird die menschliche Seite davon vergessen. Es ist emotional, eine solche Verletzung durchzumachen.“

Am Ende dieses Abends zeigt sich, dass Draisaitl und McDavid die Oilers nicht nur mit Vorlagen und Toren tragen, sondern auch in ihrer Führungsrolle brillieren. Sie tragen ihre Mitspieler in schweren Situationen und sorgen so dafür, dass auch Rückkehrer schnell wieder in Top-Form kommen können.

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