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Thomas Bordeleau zählt zu den vielen spannenden Talenten in der Organisation der San Jose Sharks. Der 23-jährige Stürmer wurde im Draft 2020 früh in der 2. Runde an insgesamt 38. Stelle ausgewählt, zwei weitere Jahre an der University of Michigan ausgebildet und sammelte mittlerweile 161 AHL-Spiele (47-60-107) für den San Jose Barracuda sowie 44 NHL-Spiele (6-12-18) für die Sharks. Was viele nicht wissen: Bordeleau hat eine Vergangenheit in der Schweiz und könnte dort als sogenannter Lizenz-Schweizer spielen. NHL.com/de hat exklusiv mit dem 1,78 Meter großen Linksschützen gesprochen.

Eine internationale Hockey-Familie

So viel steht fest: Die Bordeleaus sind eine internationale Hockey-Familie.

Großvater Paulin Bordeleau (72) ist in Rouyn-Noranda in der kanadischen Provinz Quebec geboren, wurde in den 70ern von den Vancouver Canucks gedraftet und spielte für die Canucks auch in der NHL (183 Spiele, 33-56-89). Deutschen Hockey-Fans dürfte er als langjähriger DEL-Trainer bei den Moskitos Essen, Hannover Scorpions und Augsburger Panthern noch gut bekannt sein.

Vater Sebastien Bordeleau (50) wurde in Vancouver in British Columbia geboren, in den 90ern von den Montreal Canadiens gedraftet und spielte bis kurz nach der Jahrtausendwende für die Canadiens, Nashville Predators, Minnesota Wild und Phoenix Coyotes in der NHL (251 Spiele, 37-61-98). Zwischen 2002 und 2012 lief er zehn Jahre in der Schweizer NLA auf, darunter deren sieben für den SC Bern und deren drei für den EHC Biel-Bienne. Außerdem schnürte er die Schlittschuhe für die französische Nationalmannschaft. Noch heute ist er ein Teil der NHL und arbeitet als Skills Coach bei den Predators.

Sohn Thomas Bordeleau (23) kam am 3. Januar 2002 in Houston/Texas zur Welt, als sein Vater für die Houston Aeros in der AHL spielte. Er hat durch die Familiengeschichte die US-amerikanische, kanadische und französische Staatsangehörigkeit.

„Ich fühle mich in Montreal zu Hause, denn meine Familie lebt dort“, erklärt Thomas Bordeleau im Interview mit NHL.com/de. „Hier wird meine Muttersprache Französisch gesprochen, wie schon damals in der Schweiz. Wir sind eine internationale Familie. Es ist schwer zu definieren, wo genau ich eigentlich hingehöre.“

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„Die Schweiz ist ein Teil von mir, den ich vermisse“

Als Vater Sebastien in Bern spielte, kam Sohn Thomas mit in die Schweiz und wuchs dort auf, bis er zehn Jahre alt war.

„Ich habe so viele gute Erinnerungen an die Schweiz: An Weihnachten in den Bergen mit der französischen Schule, an die Reisen durch die Alpen, die Arena-Besuche mit meinem Papa oder wenn ich mit meiner Mama früh um 6 Uhr losgefahren bin, irgendwohin ins Nirgendwo, um ein Turnier zu spielen.“

Als sein Vater seine aktive Spielerkarriere im Jahr 2012 beendete, ging es auch für Thomas zurück nach Nordamerika. „Am Anfang war es eine Umstellung, denn ich hatte einen französischen Akzent mitgebracht, über den sich manche lustig gemacht haben. Insgesamt war es aber gar nicht so schlimm, denn wir waren davor schon jeden Sommer für zwei, drei Monate in Montreal. Ich hatte dort also Freunde, die ich schon kannte. Das hat mir den Übergang erleichtert.“

Ein wenig Deutsch bzw. Schwyzerdütsch schnappte er ebenfalls auf. „Ich könnte mir jetzt nicht mit dir unterhalten“, lacht Bordeleau. „Ich hatte es zwar in der Schule, nach unserem Umzug habe ich es aber überhaupt nicht mehr gesprochen und am Ende habe ich die Sprache verlernt. Wenn ich in der Schweiz bin, dann verstehe ich ein paar Worte. Hoffentlich kommt das wieder zurück.“

In der Schweiz hat Bordeleau noch einige Freunde, mit denen er sich immer wieder in Verbindung setzt. In Sachen Kulinarik vermisst er „die typisch-Schweizer Kost wie Fondue, Bratwürste oder das gute Fleisch aus den Bergen“. Erst im letzten Sommer kehrte er in die Schweiz zurück. „Es fühlt sich an wie ein Teil von mir, den ich vermisse“, beschreibt Bordeleau seine Gefühlslage. Klar, dass er sich sehr gut vorstellen kann, irgendwann einmal in der Schweiz Eishockey zu spielen: „Mein ganzes Leben habe ich gesagt, dass ich eines Tages sicher zurückkommen werde. Hoffentlich wird das passieren.“

Enormer Konkurrenzkampf bei den Sharks

Bis dahin will Bordeleau den Durchbruch in der NHL schaffen. In der laufenden Spielzeit kam er größtenteils beim Barracuda in der AHL zum Einsatz (59 Spiele, 14-24-38). In dieser Woche absolvierte er aber auch sein erstes NHL-Spiel in der laufenden Saison.

„Es fühlt sich natürlich gut an, wieder hier zu sein. Leider hatte ich dieses Jahr Pech mit vielen kleineren Verletzungen, die mich immer wieder zurückgeworfen haben. Es war eine Achterbahnfahrt. Ich freue mich darauf, den Reset-Knopf zu drücken und mich weiter zu verbessern.“

Das Erlebnis, im SAP Center durch den Hai-Kopf aufs Eis zu stürmen, soll künftig zur Routine werden. „Es ist überragend und eines der besten Einlauf-Shows der Welt“, beschreibt Bordeleau diesen speziellen Moment. „Das Licht, der Rauch - das fand ich schon als Kind toll. Es ist etwas ganz Besonderes.“

Mittlerweile ist er einer von vielen hochtalentierten Prospects in der Sharks-Organisation, die in den letzten Jahren viele Spieler früh gepickt haben. Der Weg in die NHL ist nicht leichter geworden.

„Das ist die NHL. Wenn du nicht gut spielst, wird es immer jemanden geben, der deinen Platz einnimmt“, weiß Bordeleau. „Der Konkurrenzkampf ist also immer da. Wir haben tolle Neuzugänge und vielversprechende Talente. Das Skill-Level hat in den letzten Jahren zugenommen. Wir stehen vor einer strahlenden Zukunft. Ich konzentriere mich auf das, was ich kontrollieren kann und möchte mein Spiel auf das höchstmögliche Niveau heben.“

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Playoffs mit dem Barracuda

Weitere NHL-Spiele wird Bordeleau wohl nicht mehr bekommen, denn für das NHL-Schlusslicht endet die reguläre Saison 2024/25 in dieser Woche. Dafür könnte er seine ersten Profi-Playoff-Partien für den Barracuda absolvieren, die sich - auch dank ihm - erstmals seit 2019 wieder für die Calder Cup Playoffs qualifizieren konnten.

„Ich freue mich darauf“, sagt das Talent. „Hoffentlich kann ich die Jungs so gut es geht unterstützen. Leider bin ich aktuell schon wieder verletzt. Ich will schnell wieder fit werden, um dem ‚Cuda‘ zu helfen.“

Wenn gesund, deutete der Mittelstürmer bereits an, eine Offensivattraktion zu sein: „Ich denke, die Fans mögen mein Tempo und die Fähigkeiten, die ich habe. Ich sehe mich als Allrounder, der überall auf dem Eis und in den Ecken präsent ist, einen hohen Hockey-IQ hat, auf dem Eis freie Räume und seine Mitspieler findet und dabei hilft, verlässlich Offensive zu generieren.“

Klingt so, als würde San Jose noch viel Spaß am jüngsten Bordeleau-Sprössling haben. Und wer weiß: Vielleicht kehrt er eines Tages zu seinen Wurzeln zurück und spielt als Lizenz-Schweizer in der alten Heimat.

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