164-mal hatten Linus Ullmark und Jeremy Swayman in den letzten drei Jahren für eine legendäre Szene gesorgt: Nach einem Sieg der Boston Bruins hatten sie sich auf dem Eis getroffen, beide Arme weit nach oben ausgestreckt und waren sich dann in die Arme gefallen. Dieser „Goalie Hug“ (deutsch: „Torwart-Umarmung“) stand symbolisch für das außergewöhnlich gute Verhältnis der beiden Torhüter, die um den Platz zwischen den Bruins-Pfosten konkurriert und recht ausgeglichen geteilt hatten.

Seit dem Sommer aber tragen sie unterschiedliche Trikots: Swayman verlängerte in Boston, Ullmark wurde zu den Ottawa Senators getradet. Am Samstagabend kehrte der Schwede erstmals als Spieler der Senators an die alte Wirkungsstätte zurück. Dabei gab es einen 3:2-Auswärtssieg nach Verlängerung, viele Emotionen und einen neuen „Goalie Hug“.

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle

Im Vorfeld der Partie zwischen den Bruins und den Senators war viel darüber spekuliert worden, ob, wie und wann Ullmark und Swayman ihren „Goalie Hug“ zelebrieren würden. Die Antwort auf diese Frage gaben beide recht früh am Samstag im TD Garden. Schon beim Warm-up trafen sich die beiden Freunde am Mittelkreis und lieferten bei der 165. Umarmung eine Neuinterpretation: Zunächst klatschten sich beide mit der Fanghand ab. Es folgte eine Umarmung mit liebevollem Tätscheln und ein, zwei Love-Tabs mit dem Schläger auf die Schienen.

„Ich habe den Moment genossen“, erklärte Ullmark nach dem Spiel. „Es hat viel Spaß gemacht. Das ist etwas, an das ich mich immer erinnern werde und das für immer bleibt.“

Überhaupt war es für den 31-jährigen Schweden eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Von 2021 und 2024 fing er an der Seite von Swayman drei Saisons für die Bruins, gewann 2023 die Vezina Trophy (bester Torwart der Saison) und gemeinsam mit seinem Freund Swayman auch die Jennings Trophy (Goalie-Gespann mit den wenigsten Gegentoren).

Ullmark Swayan 11924

„Es gab viele Emotionen, das kann ich nicht abstreiten“, räumte ein sichtlich ergriffener Ullmark ein. „Insbesondere beim Warm-up hatte ich Gänsehaut, als ich rausgekommen bin und die Fans wieder gehört habe. Auch als wir den Sieg geholt haben, denn diese Arena ist nicht einfach. Davon habe ich geträumt: Wenn du als Gegner hierherkommst, dann willst du dein bestes Spiel liefern. Das haben wir zuletzt nicht oft geschafft, heute haben wir aber gezeigt, was für ein Team wir sind.“

Swayman: „Wir haben so eine unglaubliche Beziehung“

Rückkehrer Ullmark, der am 24. Juni 2024 für ein Erstrunden-Pick (Dean Letourneau), Torwart Joonas Korpisalo und Stürmer Mark Kastelic nach Ottawa getradet wurde, wurde in einer TV-Unterbrechung mit einem Video geehrt.

„Das hat mir viel bedeutet. Es zeigt, dass man einen gewissen Einschlag in dieser Gemeinschaft und in dieser Organisation hatte, denn sie zeigen dir damit eine gewisse Wertschätzung“, so Ullmark.

Dass sich zwei Teamkollegen, die um eine Position konkurrieren, so gut verstehen, ist selbst im so familiären Eishockey-Sport eine Seltenheit. So verwundert es nicht, dass es auch für Swayman kein normaler Abend war.

„Es war ein ganz besonderes Spiel. Wir haben so eine unglaubliche Beziehung. Ihn in einem anderen Trikot zu sehen war anders“, so der 25-jährige US-Amerikaner. „Es war schön zu sehen, was wir zusammen kreiert haben und wie sehr unsere Fanbase uns dabei unterstützt hat. So etwas wird es im Eishockey nicht noch einmal geben. Das werden wir uns für immer teilen und uns immer daran erinnern.“

Tkachuk spielt das Zünglein an der Waage

Das Wiedersehen der beiden Goalies war natürlich die Top-Story. Das sportliche Rahmenprogramm aber bot auch einige Höhepunkte. Angefangen vom Führungstreffer der Senators durch Josh Norris im Powerplay (20.). Die Bruins drehten zu Beginn des zweiten Drittels die Partie dank der Tore von Pavel Zacha (25.) und Brad Marchand (26.), ehe Michael Amadio zum 2:2 ausglich (28.).

OTT@BOS: Tkachuk mit einem Handgelenkschuss zum Sieg in der Verlängerung

Im dritten Durchgang zeigte Ottawa dann eine reife Vorstellung und hielt Boston komplett ohne Torschuss (12:0 Schüsse im dritten Abschnitt). Insgesamt blieben die Bruins über 24 Minuten ohne Torschuss.

„Das spricht für sich“, sagte Ullmark. „Es zeigt, dass wir die Pucks tiefgespielt haben und sehr erwachsen mit den Scheiben umgegangen sind. Es war ein Ausrufezeichen. Wir müssen lernen, dass wir so in jedem Spiel auftreten müssen und nicht nur hier und da.“

Alleine Swayman (31 Saves, 91,2 Prozent Fangquote) war es zu verdanken, dass Boston überhaupt einen Punkt erbeutete. Der Sieg aber ging am Ende an Ullmark (14 Saves, 87,5 Prozent Fangquote): Brady Tkachuk verzögerte auf dem rechten Flügel, ließ sich in den rechten Faceoff-Kreis gleiten, nahm Maß und jagte die Scheibe präzise in den linken Winkel zum 3:2-Endstand nach Verlängerung.

Swayman suchte daraufhin so schnell wie möglich den Weg vom Eis und zurück in die Kabine. Dort versicherte er dann aber glaubhaft: „Ich freue mich für den Erfolg, den er (Ullmark) hat. Ich habe von Anfang an so ein Spiel erwartet. Es war schön zu sehen, dass er erfolgreich war.“

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