Leon Draisaitl spricht offen darüber, warum er seine defensive Seite stetig weiter forciert. Anze Kopitar war für ihn „immer ein Idol“, einer der Spieler, an denen er sich orientiert. Der gemeinsame World Cup of Hockey 2016, die direkten Duelle – all das habe geprägt. Kopitar verabschiedet sich am Saisonende und Draisaitl will, auch ihm zu Ehren, sein Profil als kompletter Angreifer sichtbar schärfen. Der Anspruch ist ausgesprochen und der Hebel dafür liegt im Dress der Edmonton Oilers derzeit auffällig oft in Unterzahl, was auch NHL EDGE bestätigt.
Mehr Unterzahl, mehr Laufdistanz
Die EDGE-Statistik der Skating-Distanz ordnet Draisaitl 2025/26 im 99. Perzentil ein. Seine bislang 61,67 Kilometer in allen Spielsituationen bedeuten Rang neun ligaweit und Rang fünf unter allen Stürmern (Stand 29.11.).
Auffällig ist der Unterzahl-Block. 3,29 Kilometer hat Draisaitl bereits in numerischer Unterlegenheit abgespult. Das ist mehr als ein Drittel dessen, was er 2023/24 in der gesamten Saison auf dem Konto hatte. Parallel dazu steigt die Unterzahl-Eiszeit auf durchschnittlich 1:24 Minuten. In drei Partien übertraf er sogar die Marke von 2:00 Minuten. Ein Höchstwert, den es seit Dezember 2023 nicht mehr gab. Das Muster ist eindeutig. Draisaitl bekommt mehr PK-Eiszeit, arbeitet noch mehr defensiv und kommt so auf mehr Distanz.
Der Rückblick
Chronologisch passt das Bild. 2018/19 markierte Draisaitl mit 1:09 Minuten seine Karriere-Bestmarke bei der Unterzahl-Eiszeit, eine von nur zwei Spielzeiten mit mehr als einer Minute (neben 2017/18 mit 1:01). 2021/22 erreichte er mit 425,57 Kilometern das 99. Perzentil bei der Gesamtdistanz und lief 16,28 Kilometer in Unterzahl, bei im Schnitt 0:57 Minuten in Unterzahl pro Partie. In der vergangenen Saison bewegte er sich mit 378,63 Kilometern im 90. Perzentil, wobei er shorthanded nur auf 0,86 Kilometer kam.
Selke Trophy als Ziel
Draisaitl ging diesen Rollenwechsel selbstbewusst an. Er wolle am Ende der Saison im Rennen um die Selke Trophy sein, so der Deutsche. „Natürlich gibt es vieles, woran ich arbeiten und was ich verbessern kann, aber es gibt auch Dinge, die ich schon sehr gut mache.“
Zur Entwicklung vom besonders für die Offensive wahrgenommenen Angreifer hin zum Zwei-Wege-Center meint er: „Das ist bei jedem Spieler, der in die Liga kommt so, besonders bei einem hochgehandelten Offensivspieler. Am Anfang willst du Zahlen auflegen, dich als Scorer etablieren und manchmal auch besonders sein. Mit dem Alter lernst du, dass die anderen Teile des Spiels genauso viel Spaß machen. Jemandem die Scheibe abzunehmen und gut zu verteidigen, macht viel Spaß. Es ist viel Arbeit, aber es macht viel Spaß.“
Knoblauchs Blick auf Draisaitl
Intern ist Draisaitls Defensivwert längst als defensivstark etabliert. Trainer Kris Knoblauch formuliert es unmissverständlich. Draisaitl sei „ein herausragender Defensivspieler“ und bekomme ligaweit zu wenig Anerkennung. „Ich denke, er hätte im vergangenen Jahr mehr Stimmen haben sollen“, so der Coach über die Wahl zur Selke Trophy 2024/25.
„Wer ihn regelmäßig sieht, versteht, dass er ein enormer Defensivspieler ist und sehr stolz darauf ist. Man sieht nicht oft, dass die besten Offensivspieler sich so sehr in der Defensive einbringen. Er sollte definitiv ein oder zwei Selke-Trophäen gewinnen, weil er ein guter Defensivspieler ist.“
Dass Draisaitl 2023/24 bereits Sechster in der Selke-Wahl war (Gewinner: Aleksander Barkov) untermauert die Richtung, in die sich sein Profil entwickelt.
Bedeutung für Edmonton
Der Effekt von Draisaitl auf die Oilers ist klar. Der Angreifer steht für einen Wandel vom offensiv spektakulären Team, dass den großen Erfolg nicht erreichen konnte zu einem ausgeglicheneren Team, dass in den vergangenen zwei Jahren erst im Stanley Cup Finale unterlegen war.






















